Die Mindmap zur Podcast-Folge rund um Gesellschaftswandel und soziale Mileus!
Dienstag, 29. Oktober 2013
Sonntag, 27. Oktober 2013
Mittwoch, 16. Oktober 2013
Samstag, 12. Oktober 2013
regel
kümmere dich nicht um das, was dich unglücklich macht.
kümmere dich darum, was dich glücklich macht.
klingt egoistisch. ist es vielleicht auch. aber wie lange soll ich noch unglücklich sein?
es gibt schwarze löcher im leben, die sich nicht stopfen lassen. es gibt unversöhnliche gegensätze.
ich lasse mich nicht verschlingen. ich kämpfe für die, um die es sich zu kämpfen lohnt.
kümmere dich darum, was dich glücklich macht.
klingt egoistisch. ist es vielleicht auch. aber wie lange soll ich noch unglücklich sein?
es gibt schwarze löcher im leben, die sich nicht stopfen lassen. es gibt unversöhnliche gegensätze.
ich lasse mich nicht verschlingen. ich kämpfe für die, um die es sich zu kämpfen lohnt.
Mittwoch, 9. Oktober 2013
Mindmap KONSUMROMANTIK
Begleitende Mindmap für den Podcast über Konsumromantik auf SoundofAVoice:
http://www.youtube.com/watch?v=WyNVSPO65n0
http://www.youtube.com/watch?v=WyNVSPO65n0
Donnerstag, 26. September 2013
clash of consum-culture
KONSUMOLOGIE
oder:
Die Phone-Wars
Es gibt eine Menge unentscheidbare Fragen. Viele davon sind derart emotional aufgeladen, dass jede Diskussion sofort sehr gefühlsgeschwängert ist und einen klaren Blick für alle sich gegenüberstehenden Fraktionen verschleiert.
Fragen wie diese verfolgen uns unser ganzes Leben. Wir können kaum vor ihnen weglaufen. Wir können tun, als wären wir taub, aber selbst damit beziehen wir Stellung. Etwa die Frage, ob man Fleisch essen soll bzw. darf.
Oder wo Sexismus anfängt oder aufhört. Ob man jüdische Jungs beschneiden soll. Was denn nun wirklich Feminismus ist.
Dann gibt es auch unentscheidbare Fragen, die weniger nah um die eigene Erfahrungswelt kreisen, immer noch emotional aufgeladen sind, aber eben nicht so sehr; etwa, wie man zur Todesstrafe steht , oder ob Krieg x in Land y geführt werden soll.
In unseren Gestaden wurden vor ein paar Jahrhudertchen Religionskriege geführt. Aufgrund unterschiedlicher Glaubensauffassungen über rational nicht beantwortbare Fragen schlugen sich eine Menge Leute die Köpfe ein.
Ein Glück, dass ich nicht in diese Zeit geboren wurde. Na ja, heute wütet der Glaubenskrieg immer noch. Aber nicht bei mir Zuhause, also kann es mir egal sein.
Als der Glaube wegfiel, blieb ein Themenvakuum, das gefüllt werden musste.
Wir behaupten ja, eine säkularisierte Gesellschaft zu sein. Und die Köpfe schlagen wir uns auch nicht mehr ein. Aber streiten tun wir immer noch gerne.
Welche von all diesen Fragen sich mir in besonders unangenehmer Weise aufdrängt, ist diese nach "Apple oder Microsoft ?"
Es ist eine von den Fragen, zu denen man so oder so Stellung beziehen muss.
Und in der Emotionalität, in der über sie gestritten wird, erinnert sie mich an Glaubenskriege.
Der Konsum des neuesten Technik-Gedöns ist weithin schon so emotional behaftet, dass man mit dem Erwerb eines bestimmten Produkts sowohl für sich als auch für Andere ein Zeichen setzt, woran man glaubt, und wovon man sich auf der anderen Seite distanzieren will.
Seit einer guten Weile wird Apple als Konsum-Lifestyle-Sekte angesehen. Das kann man augenzwinkernd behaupten, achselzuckend, anhimmelnd oder anklagend.
Die Sache ist, dass wer mit genügend Inbrunst gegen die Sekte kämpft, dabei einen eigenen Glauben aufbaut. Atheismus ist auch eine Religion, die genauso unbeweisbar ist wie ihr Gegenstück.
Beide Lager, Microsoft-ianer und Apple-isten führen einen Krieg um das bessere Phone, den besseren Rechner, das bessere Image. Die Waffen sind Informationen, in Form von Zeitungsberichten, Erfahrungsberichten, Blogs, Hands-on-Videos usw.
Hier und da haften Informationen noch in ausreichendem Maße der Nimbus des objektiv und endgültig Wahren an, sodass man die Infos auswählt, die einerseits das eigene Lager unterstützen und andererseits das gegnerische Lager verunglimpfen.
Allerdings ist eine objektive Sicht nicht möglich, da auf fast jede Info, die man bekommt, eine Gegeninfo folgt, die das Gegenteil beweist oder zeigt, dass auch das Gegenerlager nicht groß anders ist.
Ebenso wie in der Klimafrage gibt es auf die Studie, die darstellt, dass das Weltende nah ist, eine Gegenstudie, die beweist, dass alles doch nicht so schlimm ist.
WIr verlassen das Feld der versuchten Objektivität, oder stülpen sie nur als Schafspelz über den Glauben. Überzeugungsarbeit haftet das missionarische an. Selbst, wenn man gar nicht als Missionar auftreten will, wird man von der sich verletzt fühlenden Seite als solcher angesehen!
Auf beiden Lagern gibt es moderate und extreme Strömungen. Wie im Glauben ist die eigene Wahl für den Einen reine Privatsache, für den Anderen eine Missionierung. Natürlich gibt es auch die Agnostiker, die entweder sehr bescheiden behaupten, dass beides seine Vor-und Nachteile hat oder weniger bescheiden, dass niemand jemals herausfinden werden kann, wer am Ende recht hat.
Wer kann sich den Phone-Wars schon noch entziehen? Ich fühle die Pflicht, mich zu informieren, um zu wissen, was ich in der Hand halte. Oder vielleicht doch, um die Gegenargumente in der Hand zu halten, wenn ich der Ketzerei bezichtigt werde? Wie werden die Anderen über mich denken, wenn ich als ahnungsloser Depp dastehe? Es ist nicht damit getan, sich einen PC zu holen. Im Informationszeitlater habe ich die moralische Pflicht, zu wissen, wo dieser PC gefertigt wurde. Egal wenn ich es nicht weiß, irgendwer wird es mir dann später schon sagen. Ganz schön blöd, wenn ich dann nur dastehe und nicht verbergen kann, dass ich gesündigt und mich nicht ordentlich informiert habe.
Ich erinnere mich an einen Krieg in meiner Kindheit. Damals kämpften wir mit Feuereifer für unsere Sache;
Heute als Erwachsener schüttele ich den Kopf darüber.
Die Rede ist von den Bit-Wars zwischen Sega und Nintendo.
Ich erinnere mich an eine Doku aus den 90ern, in der der Sega-Chef selbsticher behauptete, in zehn Jahren sei Nintendo vernichtet. Haha...
Heute nehmen Mario und Sonic gemeinsam an den olympischen Spielen teil. Auf Nintendos Wii.
oder:
Die Phone-Wars
Es gibt eine Menge unentscheidbare Fragen. Viele davon sind derart emotional aufgeladen, dass jede Diskussion sofort sehr gefühlsgeschwängert ist und einen klaren Blick für alle sich gegenüberstehenden Fraktionen verschleiert.
Fragen wie diese verfolgen uns unser ganzes Leben. Wir können kaum vor ihnen weglaufen. Wir können tun, als wären wir taub, aber selbst damit beziehen wir Stellung. Etwa die Frage, ob man Fleisch essen soll bzw. darf.
Oder wo Sexismus anfängt oder aufhört. Ob man jüdische Jungs beschneiden soll. Was denn nun wirklich Feminismus ist.
Dann gibt es auch unentscheidbare Fragen, die weniger nah um die eigene Erfahrungswelt kreisen, immer noch emotional aufgeladen sind, aber eben nicht so sehr; etwa, wie man zur Todesstrafe steht , oder ob Krieg x in Land y geführt werden soll.
In unseren Gestaden wurden vor ein paar Jahrhudertchen Religionskriege geführt. Aufgrund unterschiedlicher Glaubensauffassungen über rational nicht beantwortbare Fragen schlugen sich eine Menge Leute die Köpfe ein.
Ein Glück, dass ich nicht in diese Zeit geboren wurde. Na ja, heute wütet der Glaubenskrieg immer noch. Aber nicht bei mir Zuhause, also kann es mir egal sein.
Als der Glaube wegfiel, blieb ein Themenvakuum, das gefüllt werden musste.
Wir behaupten ja, eine säkularisierte Gesellschaft zu sein. Und die Köpfe schlagen wir uns auch nicht mehr ein. Aber streiten tun wir immer noch gerne.
Welche von all diesen Fragen sich mir in besonders unangenehmer Weise aufdrängt, ist diese nach "Apple oder Microsoft ?"
Es ist eine von den Fragen, zu denen man so oder so Stellung beziehen muss.
Und in der Emotionalität, in der über sie gestritten wird, erinnert sie mich an Glaubenskriege.
Der Konsum des neuesten Technik-Gedöns ist weithin schon so emotional behaftet, dass man mit dem Erwerb eines bestimmten Produkts sowohl für sich als auch für Andere ein Zeichen setzt, woran man glaubt, und wovon man sich auf der anderen Seite distanzieren will.
Seit einer guten Weile wird Apple als Konsum-Lifestyle-Sekte angesehen. Das kann man augenzwinkernd behaupten, achselzuckend, anhimmelnd oder anklagend.
Die Sache ist, dass wer mit genügend Inbrunst gegen die Sekte kämpft, dabei einen eigenen Glauben aufbaut. Atheismus ist auch eine Religion, die genauso unbeweisbar ist wie ihr Gegenstück.
Beide Lager, Microsoft-ianer und Apple-isten führen einen Krieg um das bessere Phone, den besseren Rechner, das bessere Image. Die Waffen sind Informationen, in Form von Zeitungsberichten, Erfahrungsberichten, Blogs, Hands-on-Videos usw.
Hier und da haften Informationen noch in ausreichendem Maße der Nimbus des objektiv und endgültig Wahren an, sodass man die Infos auswählt, die einerseits das eigene Lager unterstützen und andererseits das gegnerische Lager verunglimpfen.
Allerdings ist eine objektive Sicht nicht möglich, da auf fast jede Info, die man bekommt, eine Gegeninfo folgt, die das Gegenteil beweist oder zeigt, dass auch das Gegenerlager nicht groß anders ist.
Ebenso wie in der Klimafrage gibt es auf die Studie, die darstellt, dass das Weltende nah ist, eine Gegenstudie, die beweist, dass alles doch nicht so schlimm ist.
WIr verlassen das Feld der versuchten Objektivität, oder stülpen sie nur als Schafspelz über den Glauben. Überzeugungsarbeit haftet das missionarische an. Selbst, wenn man gar nicht als Missionar auftreten will, wird man von der sich verletzt fühlenden Seite als solcher angesehen!
Auf beiden Lagern gibt es moderate und extreme Strömungen. Wie im Glauben ist die eigene Wahl für den Einen reine Privatsache, für den Anderen eine Missionierung. Natürlich gibt es auch die Agnostiker, die entweder sehr bescheiden behaupten, dass beides seine Vor-und Nachteile hat oder weniger bescheiden, dass niemand jemals herausfinden werden kann, wer am Ende recht hat.
Wer kann sich den Phone-Wars schon noch entziehen? Ich fühle die Pflicht, mich zu informieren, um zu wissen, was ich in der Hand halte. Oder vielleicht doch, um die Gegenargumente in der Hand zu halten, wenn ich der Ketzerei bezichtigt werde? Wie werden die Anderen über mich denken, wenn ich als ahnungsloser Depp dastehe? Es ist nicht damit getan, sich einen PC zu holen. Im Informationszeitlater habe ich die moralische Pflicht, zu wissen, wo dieser PC gefertigt wurde. Egal wenn ich es nicht weiß, irgendwer wird es mir dann später schon sagen. Ganz schön blöd, wenn ich dann nur dastehe und nicht verbergen kann, dass ich gesündigt und mich nicht ordentlich informiert habe.
Ich erinnere mich an einen Krieg in meiner Kindheit. Damals kämpften wir mit Feuereifer für unsere Sache;
Heute als Erwachsener schüttele ich den Kopf darüber.
Die Rede ist von den Bit-Wars zwischen Sega und Nintendo.
Ich erinnere mich an eine Doku aus den 90ern, in der der Sega-Chef selbsticher behauptete, in zehn Jahren sei Nintendo vernichtet. Haha...
Heute nehmen Mario und Sonic gemeinsam an den olympischen Spielen teil. Auf Nintendos Wii.
wenn ich alles so wiedergeben würde wie es war...
...wäre es langweilig. glaubt mir nichts, sondern lasst euch einfach unterhalten.
Dienstag, 24. September 2013
Kreative Umwelt
Inwieweit man Ideen entwickelt, für was auch immer, hängt in einem großen Maße davon ab inwieweit man in einerm kreativen Umfeld lebt.
Sicher kann ich mich durch fernes inspirieren lassen. Aber wie wirkungsvoller ist es, wenn Personen in meinem direkten Umfeld direkt etwas mit mir schaffen oder eigenständig schaffend sind und somit einen Anstoß geben.
Es gibt den Begriff der Creative City. In Deutschland käme höchstens Berlin in frage eine kreative Stadt zu sein, ein Ort, wo so viel Gedankenpower bunt gemischt wird das ungewöhnliche Dinge entstehen, Ideen, die man alleine nicht bekäme, Projekte, die man alleine nicht umsetzen würde.
Ich bin in der falschen Stadt. Ich kann mich zu kleinen Dingen aufraffen und kann mir selbst zu bescheidenen Erfolgen auf die Schulter klopfen. Ich bin auch nicht völlig allein.
Aber auf lange Sicht muss ich hier raus. Fliehen aus dieser Stadt. Und am besten aus diesem Land.
Was kommt schon aus Deutschland? Autos und Waffen, herzlichen glückwunsch.
Sicher kann ich mich durch fernes inspirieren lassen. Aber wie wirkungsvoller ist es, wenn Personen in meinem direkten Umfeld direkt etwas mit mir schaffen oder eigenständig schaffend sind und somit einen Anstoß geben.
Es gibt den Begriff der Creative City. In Deutschland käme höchstens Berlin in frage eine kreative Stadt zu sein, ein Ort, wo so viel Gedankenpower bunt gemischt wird das ungewöhnliche Dinge entstehen, Ideen, die man alleine nicht bekäme, Projekte, die man alleine nicht umsetzen würde.
Ich bin in der falschen Stadt. Ich kann mich zu kleinen Dingen aufraffen und kann mir selbst zu bescheidenen Erfolgen auf die Schulter klopfen. Ich bin auch nicht völlig allein.
Aber auf lange Sicht muss ich hier raus. Fliehen aus dieser Stadt. Und am besten aus diesem Land.
Was kommt schon aus Deutschland? Autos und Waffen, herzlichen glückwunsch.
Samstag, 13. Juli 2013
Supernatural vs Game of Thrones
Die reizende Liki und der seltsame Sake tauschen sich über Serien aus, die sie jeweils mögen- und scheitern jeweils tragisch, sie dem Anderen schmackhaft zu machen. Des Dramas erster Teil!
Mehr Palaverkultur gibt´s auf "Sound Of A Voice": http://www.youtube.com/user/SoundOfaVoice
Sound Of A Voice auf Twitter: https://twitter.com/SoundOfaVoice1
Freitag, 21. Juni 2013
Mindmap: Zivilgesellschaft
Wieder eine "special interest"-Mindmap. Diese Übersicht wichtiger Schlüsselbegriffe fasst meine Vorbereitung für eine Soziologie-Klausur zur Bürgergesellschaft zusammen.
Natürlich ist diese Übersicht nicht allumfassend. Anhand der eingefahrenen Note kann ich allerdings sagen, dass es nicht schlecht war, diese Übersicht im Kopf zu haben.
Natürlich ist diese Übersicht nicht allumfassend. Anhand der eingefahrenen Note kann ich allerdings sagen, dass es nicht schlecht war, diese Übersicht im Kopf zu haben.
Freitag, 31. Mai 2013
Reviewing Reviews
Palaver über die Palaver-Kultur
Die Weiten des Internets bieten ein
großes Angebot an Palaver- und Review-Kultur.
Es gibt auf der Anbieterseite ein
großes Aufgebot an Leuten, die alleine oder in Gruppen über Dinge
reden, die sie interessieren. Auf der Nachfrage-Seite gibt es noch
viel mehr Leute, die sich angucken und anhören, was jene Andere zu
dem Zeug zu sagen haben, das sie selbst auch interessiert.
Besonders dankbare Felder sind Games
und Filme. Da die allgemeine Entwicklung in diesen Bereichen in
Richtung "Rundgelutschtheit" tendiert, also durch
Marktforschung und dergleichen die Entwicklerseite immer besser
versteht, was die Kassen zum klingeln bringt, und als Konsequenz
vieles Neues weniger Angriffsfläche bietet, sind besonders alte
Games und alte Filme gerne Thema von Reviews, Vlogs, Podcasts und all
den Möglichkeiten, seine Meinung öffentlich zugänglich zu machen.
Sich ein Review-Portal zu suchen,
dessen Ton einem gefällt, kann bei der Entscheidungsfindung helfen,
welchen Film man sich ansieht, oder welches Spiel man als nächstes
zockt. Der Gegenstand der Review tritt aber zuweilen hinter die
Review selbst zurück.
So kann man dazu tendieren, sich
generell alles anschauen, was eine bestimmte Person zu sagen hat,
egal ob das Thema selbst einen interessiert oder nicht. Weil der
Reviewer selbst zum Star der Review wird: ich besuche eine Plattform
dann regelmäßig, wenn mir
1. die vermittelten Urteile und
Meinungen zumindest teilweise zusagen und der eigenen Meinung
entsprechen können
und
2. ich die Reviewer selbst sympathisch
oder witzig finde
Wenn das Thema selbst für mich
uninteressant sein sollte, kann ich mir einen neuen Beitrag immer
noch ansehen, weil ich diese oder jene Person gerne sprechen höre
und so oder so für die Dauer des Videos unterhalten bin- oder das
Video immer noch als Hintergrundrauschen mitlaufen lassen kann,
während ich mich mit irgend etwas anderem beschäftige.
Denn auch das gehört zum Konsum von
Review-Erzeugnissen: Die Halbheit.
Eine Review ist seltener so wichtig,
dass man sich voll und ganz auf sie konzentrieren muss. Oder es fällt
schwer, im Internetmodus, der durch kurze Aufmerksamkeitsspannen
geprägt ist, eine halbe Stunde nur eine Sache zu machen, nämlich
ungeteilt zuzuhören.
Stattdessen sind Reviews ideal für
halbe Tätigkeiten. Statt zum tausendsten Mal das Album seines
Lieblingsmusikers zu hören, kann man im Hintergrund seine
Lieblingsreviewer über den neuen StarTrek-Film plaudern lassen,
während man seine Steuererklärung ausfällt- letzteres wiederum
eine Tätigkeit, welche zum Erhalt der geistigen Gesundheit ebenfalls
Halbheit der Aufmerksamkeitszuwendung erfordert.
The sound of a human voice:
Was mitschwingt, mag die Angst vor der
Stille sein, das Bedürfnis, nicht mit der Bodenlosigkeit der
Selbstreflexion konfrontiert zu werden, in die man zu geraten droht,
wenn man sich der Beschäftigungslosigkeit im Alleinsein stellt.
Das Neue ist interessant, das Alte
schnell vergessen: Durch das täglich neue Angebot an Unterhaltung
findet man eigentlich keine Zeit mehr, einmal gesehenes Material
erneut zu besuchen. Im Gegensatz zum Film selbst, den man sich,
sofern er einem denn so gut gefällt, merhmals ansieht,
wird man die Review zu dem Film nur
einmal ansehen (oder, wie oben beschrieben, sieht man sich die Review
zum Film an, nicht aber den Film selbst)
Soweit sei das Offensichtliche kurz und
knapp beschrieben.
Was weniger offensichtlich ist, wie
sich die neue Reviewkultur auf einen selbst und alle Anderen
auswirkt.
Ich denke, es gibt Veränderungen auf
beiden Seiten; in der Produktion der Unterhaltungsmedien, wie auch im
Publikum.
Die Filmlandschaft hat sich schon
verändert.
Sie ist teilweise selbstreferentieller
geworden, beim Filmdreh schwingt schon das Denken darüber mit, wie
über den Film gedacht werden kann. Das bringt all jene neuen,
trendigen "Nerd-Regisseure" wie Josh Whedon hervor, die
Szenen des Films innerhalb des Films von den dem Film innewohnenden
Charakteren als stellvertretende Reviewer kommentieren lassen.
Man könnte meinen, dass sich der Film
dadurch bewusster wird, an welchen Stellen Elemente der Stroy
unlogisch sind. Das gilt allerdings nicht unbedingt- es kommen immer
noch genug Filme heraus, die vor Logiklöchern strotzen, worüber
sich alle Reviewer freuen, da es Redematerial im nächsten Video
bietet.
Dann gibt es die
Geschichtenproduzierer, die scheinbar unberührt von der kritischen
Review-Kultur ihr Zeug produzieren, und das mit Erfolg. Über die
Twilight-Fime etwa hat so gut wie jeder Mensch eine Meinung, obwohl
viele davon niemals keinen einzigen dieser Filme gesehen haben. Weil
eine Serie wie Twilight so viel Angriffsfläche bietet und sich
einfach nicht schert und weitermacht wie bisher werden viele lustige
Reviews darüber produziert, die unabhängig davon, ob man die
Geschichte kennt oder nicht, Spaß machen angesehen zu werden. Das
man sich seine Meinung lieber immer selbst machen sollte gilt für
Fälle wie diesen eher nicht, da man in der Regel weiß, dass man
nicht auf heisse Herdplatten fassen sollte.
Aus dem, was an Infos unweigerlich zu
einem dringt, wird klar, dass Twilight anzusehen kaum Spaß machen
würde- es sei denn, man sitzt in der Gruppe und kann simultan
gemeinsam über die Unsinnigkeiten auf dem Schirm reden und lachen.
Diese Filme sind klar von Filmen zu
unterscheiden, die für sich so gut sind, dass man sie alleine
ansehen kann- und die über soviel Gutes verfügen, dass sie wenig
Angriffsfläche bieten und somit weniger dankbare Ziele für Reviews
sind. Eine Review zu "There Will be Blood" wird schwerlich
unterhaltsamer (im Sinne von witzig) sein als eine Twilight-Review.
Aber hier sehe ich mir den Film an und brauche keine Review, dort
reicht die Review, und den Film selbst kann ich ignorieren.
Wer es gewohnt ist, Reviews
anzuschauen, wird unweigerlich darin geschult, kritischer an Filme
heranzugehen: Der Blick für Logiklöcher wird geschult.
Das macht einen insgesamt zu einem
aufgeklärteren Zuschauer, der sich eben nicht ungefragt mit
demselben Spaßlevel jeden beliebigen Film reinziehen kann. Gerade
die erfolgreichsten Filme, die unvermeidlichen Sommerblockbuster,
werden dadurch kritischer aufgenommen. Die Filme mit dem größten
Budget kommen im Mainstream gut an, hinter einer Tünche aus dicken
Effekten findet sich aber nicht besonders viel. Auch die
Manipulationsmechanismen des Publikums werden offensichtlicher. Macht
man sich das bewusst, kann man einen Blockbuster nicht mehr mit
kindlichen, leicht zu beeindruckenden Augen betrachten.
In diesem Vorteil liegt zugleich der
Nachteil. Der aufgeklärte Film-Snob steht auf einmal alleine da,
wenn jeder in seiner Clique einen bestimmten Popcorn-Film negativ
bewertet, aber in seinem Umkreis nur positives Feedback bekommt. Die
Filmauswahl wird eingeschränkt, es gibt weniger Angebote, die den
kritischen Zuschauer wirklich gefallen, oder in immer selteneren
Fällen, umzuhauen vermögen.
Es kommt eben immer darauf an, worauf
man Wert legt. Der eine ist satt und zufrieden, wenn er einen
labberigen Cheeseburger von Burger King gegessen hat- der andere
braucht ein edles Fünf-Gänge-Menü vom snobistischen
Edel-Restaurant, um befriedigt zu werden.
Für mich macht es wohl die Mischung.
Ich könnte mir niemals täglich There Will be Blood ansehen, genauso
wenig wie ich jeden Tag Burger essen könnte.
Einen schönen Cheeseburger esse ich
bisweilen dennoch gerne. Obwohl mir danach immer ein bisschen
schlecht ist.
Was auch ein Nachteil sein kann: Durch
den kritischen Blick, wird es schwieriger, sich selbst unbefangen
Geschichten auszudenken, wenn das denn angestrebt wird.
In dem Moment, wo ich darüber
nachdenke, mir eine Geschichte auszudenken, bedenke ich zugleich, was
eine Geschichte erfolgreich macht. Schließlich will man ja, das die
eigene Geschichte beachtet wird. Und das wird sie ben nur, wenn sie
dem Publikum, seien es Leser von Büchern, Spieler von Spielen,
Zuschauer von Filmen etc. auch gefällt. Dem kann man sich nicht
verschließen. Ich selbst kenne auch nur die Geschichten, die auf
diese Weise entstanden. Jeder ist von dem, was er aufgenommen hat,
beeinflusst.
Wenn ich als Kind alle Final
Fantasy-Spiele geliebt habe, hat dies einen so krassen Impact auf
meine Fantasie ausgeübt, dass ich tendentiell immer Final
Fantasy-artige Einflüsse in meinen Geschichten haben werde.
Je mehr unterschiedliche Geschichten
ich kenne, einen desto größeren Katalog an alternativen Einflüssen
habe ich.
Sehe ich immer nur Michael Bay-Filme
und versuche mich als Regisseur, so werde ich ein kleiner Michael
Bay. Kannte ich jedoch auch Jim Jarmusch-Filme, kenne ich ein völlig
anderen Gegenpol, nämlich eine Art von Indepent-Filmen. Dann kann ich
mir überlegen, wen von beiden Regisseuren ich in meiner eigenen
Geschichte eher als geistigen Einfluss wählen kann.
Auf jeden Fall brauche ich irgendeinen
Einfluss. Wer niemals irgendeine Geschichte gehört hat, wird sich
auch keine Geschichte ausdenken können.
Die Autorin von Twilight wurde von
Vampirgeschichten beeinflusst. Aber sie kannte nicht besonders viele
unterschiedliche Geschichten zu diesem Thema. Das Ergebnis ist eine
Art von naiver Geschichte, die durch das Internet nur noch seltener
zustande kommt.
Oder man schreibt Geschichten auf einem
ähnlichen Niveau, wenn man jünger ist, einerseits genug Freizeit
hat, um sich dem hinzugeben, und andererseits das kritische und
selbstkritische Denken noch nicht so weit ausgeprägt ist, dass man
seine Geschichte in Frage stellt.
Viele hatten irgendwo im Alter zwischen
10 und 20 Jahren eine produktive Phase dieser Art. Nehmen sie ihre
Geschichten später zur Hand wird ihnen bewusst, was für einen
Quatsch man damals produziert hat- was nichts gegen den nostalgischen
Wert dieser Erzeugnisse sagen soll, oder ausdrücken, dass es
prinzipiell schlecht ist, sich Geschichten zuerst auszudenken, und
dann mitteilbar zu machen.
Nur haben die wenigsten von denen, die
früh produktiv wurden, auch wirklich das Zeug dazu, echte
Geschichtenerzähler zu werden.
In der Regel kommt der Punkt, wo man
diese Unterfangen aufgibt, und etwas vernünftiges lernt, da
irgendwann der Druck, Geld zu verdienen, größer wird als die Muse.
Und dann ist man doch nur der vernünftige Kassierer im Aldi, statt
der unvernünftige Autor, der man als Kind werden wollte.
Oder aber man versucht es weiter, und
hat keinen Erfolg. Dann muss man aber einen Gutteil seiner Naivität
erhalten haben, oder zumindest sehr gut gegen allzu aufklärerische
Reflexion verteidigen. Reiche Eltern helfen auch gegen den Druck,
seine Zeit mit dröger Arbeit füllen zu müssen.
Für traurige ehemals-kreative wie mich
also sind die Reviews der heutigen Zeit eine schöne Beschäftigung.
Wie heisst es so schön? Wer als Autor
scheiterte, wird Kritiker. Abgesehen davon, dass Kritiker zu sein
auch eine Art der kreativen Produktivität ist, füge ich dem hinzu:
Wer zu faul ist, Kritiker zu werden, schaut zu seinem Vergnügen
Kritikern bei der Arbeit zu.
Und wird dadurch zum Hobby-Kritiker.
Und schreibt vielleicht einen
Blog-Eintrag darüber, Hobby-Kritiker zu sein.
Montag, 27. Mai 2013
Dienstag, 21. Mai 2013
WANTED: Falsifiziere diese These (Teil2)
Pffth, Helmut Schmidt....
Was haben die Leute mit Helmut Schmidt?
Immer wird von ihm in den höchsten Tönen gesprochen.
Die zu widerlegende These lautet, dass H.S., zumindest seitdem er als Kanzler zurückgetreten ist, in den Status eines bloßen Wichtigtuers getreten ist, bei dessen Vielrederei aber wenig herumkommt.
Was haben die Leute mit Helmut Schmidt?
Immer wird von ihm in den höchsten Tönen gesprochen.
Die zu widerlegende These lautet, dass H.S., zumindest seitdem er als Kanzler zurückgetreten ist, in den Status eines bloßen Wichtigtuers getreten ist, bei dessen Vielrederei aber wenig herumkommt.
WANTED: Falsifikation dieser These
Hier die These:
Hundertjährige sind langweilige Personen, die man vor allen Dingen dafür kennt, dass sie unheimlich alt sind.
Die wirklich interessanten Personen, über die man spricht, und die man immer wieder zitiert oder was auch immer, sind unter hundert Jahre alt und früher gestorben.
Hundertjährige sind langweilige Personen, die man vor allen Dingen dafür kennt, dass sie unheimlich alt sind.
Die wirklich interessanten Personen, über die man spricht, und die man immer wieder zitiert oder was auch immer, sind unter hundert Jahre alt und früher gestorben.
Selbstreferentieller Blog-Rotz, am besten in nur 1 Sätzen
Ist es eigentlich Zufall, dass das am ehesten verwendestste Symbol für GELD
das DOLLARSYMBOL sey?
das DOLLARSYMBOL sey?
Immer diese Fucking Aphorismen- und diese FUCKING Anglizismen, by the way.
Worüber man verzweifeln sollte,
kann man nur lachen.
Freitag, 19. April 2013
Manga-Review: Homunculus
Oder: Das Bild eines Gesichts, kurz vor dem Niesen
Tja. Ich nehme heutzutage nicht mehr viele Mangas in die Hand. Das Thema Mangas im allgemeinen wäre einen eigenen Eintrag wert. Eine der wenigen Ausnahmen der letzten Jahre war für mich die 15-bändige Reihe Homunculus. Dieser Manga ist ziemlich verschieden von dem meisten, was man so sieht. Das fällt schon auf den ersten Blick auf: Die Figuren sind relativ realistisch gezeichnet.
Das erste mal, als ich ihn durchblätterte, legte ich Homunculus weg. Ich gab der Geschichte erst eine Chance, als ich von der Story hörte. Und ich habe es nicht bereut.
Nakoshi , etwa 30, lebt unter Obdachlosen in einen Tokyoter Park. Aber irgendwie gehört er auch nicht wirklich zu den Obdachlosen, trägt einen Anzug und übernachtet in seinem einzigen Besitz, einer kleinen Schrottkarre.
Wie das so ist ohne Arbeit, geht Nakoshi irgendwann das Geld aus. Also nimmt er das Angebot des obskuren Medizinstudenten Ito an, für einige hunderttausend Yen eine Trepanation an sich durchführen zu lassen.
Dabei handelt es sich um einen Eingriff, der in ähnlicher Form schon im Mittelalter durchgeführt wurde: Es wird ein Loch in die Schädeldecke gebohrt.
Zuerst hatte das den Zweck, Wahnsinnige dadurch ruhigzustellen- ein bisschen wie Jack Nicholson am Ende von "Einer flog übers Kuckucksnest".
Dann gab es Leute, die daran glaubten, durch eine Trepanation den sechsten Sinn entwickeln zu können.
Ito als Mann der Wissenschaft will herausfinden, was dran ist an diesem Gerücht und führt die Trepanation an Nakoshi durch.
Dieser hat daraufhin die Fähigkeit, die Psyche der Menschen, ihr "wahres Selbst", zu sehen, wenn er sich das rechte Auge zuhält. Das klingt komisch. Und ist noch viel komischer.
Auf einmal sieht die Welt für Nakoshi nicht nur ziemlich erschreckend aus, sondern befähigt ihn dazu, bei bestimmten Leuten so tief in ihrem Bewusstsein zu graben, dass er tief verdrängte Konflikte und Erfahrungen zutage fördert, dieses Verdrängte ins Bewusstsein holt und so Menschen helfen kann.
Aber darum geht es letztlich nicht in Homunculus. Nakoshi wird dem einen oder anderen im Laufe der Serie helfen, allerdings macht er es sich nicht zur Mission, der Welt Seelenheil zu bringen.
Nakoshi ist nämlich ein ziemlicher Antiheld, mit einer zu Beginn unklaren Vergangenheit, vielen Geheimnissen und sehr merkwürdigen Angewohnheiten.
In den Anfängsbänden wird Nakoshi dem angehenden Arzt Ito von seinen Erfahrungen berichten, und darauf wird darüber diskutiert, wie diese Phänomene zustande kommen können.
Ein weiteres Manga-Klischee wird damit umgangen: Es bleibt nicht nur bei einer Spannung verheißenden Prämisse, sondern diese wird auch in einer Weise von den Charakteren reflektiert, wie man sich vorstellen kann, wie man es selbst tun würde.
Daneben lernt man interessante Info´s rund um Trepanation und Psychologie.
Überhaupt ist Homunculus in erster Linie ein psychologischer Manga. Die bizarren Verformungen, die Nakoshi sieht, haben immer eine Bedeutung.
Und es ist nicht zuviel verraten, wenn ich sage, dass die Homunculi der Anderen auch immer eine Verbindung zu Nakoshi selbst haben.
Im Laufe der Serie wird Nakoshi selbst immer interessanter, so wie der Leser mehr über seine Vergangenheit und Sicht auf die Welt erfährt. Mit Nakoshi wurde einer der tiefsten und zwiespältigsten Charaktere entworfen, die ich je in der Manga-Welt kennengelernt habe.
Die Zeichnungen sind, zumindest was die ersten zwei Drittel der Serie betrifft, durchgehend detailliert. Hier haben wir einen Manga, der ebenso das Klischee umgeht, den halben Band nur mit Nahaufnahmen von Gesichtern zu füllen (wie gesagt, zumindest in den ersten zwei Dritteln). Wobei die Gesichter selbst in tausend Variationen gezeichnet werden. Homunculus ist der einzige Manga, in welchem ich jemanden einen Moment vor dem Niesen gesehen habe.
Die Variation der Darstellungen von Gesichtsausdrücken geht von irrer Euphorie zu tiefster Verzweiflung, mit teilweise reduzierten Linienstil fast karikativ auf den Punkt gebracht. Yamamoto macht sicherlich kalr, was er jeweils ausdrücken will, und wenn er dazu den zeichnerischen Holzhammer auspacken muss.
Der einzige Makel von Homunculus: Die Serie ist einfach zu lang. Damit hat Homunculus die allermeisten Manga-Klischees erfolgreich überwunden, scheitert aber doch an dem Klischee der langgezogenen Erzählweise.
Okay, mit 15 Bänden ist die Langgezogenheit beiweiten nicht mit einem Dragonball oder, *Schluck*, Naruto/One Piece veergleichbar... aber gemessen an dem unvergleichbar hohen Niveu, das die ersten Bände der Serie setzen, ist die übertriebene Länge der einzige Makel, der Homunculus von absoluter Perfektion trennt.
Das erste Drittel der Story ist sehr kompakt erzählt. Tatsächlich ist das Pacing perfekt. Ich hatte mehr Spaß und Höheflüge der Emotionen aller Art beim Lesen als beim Anschauen vieler Filme.
Nach den ersten beiden Bänden Homunculus ist die Welt, in der man lebt, nicht mehr diesselbe.
Das zweite Drittel wird langsamer, ist aber noch zu verschmerzen- nicht zuletzt, weil es einige HAMMER-TWISTS bereithält.
Aber das letzte Drittel war nur noch Quälerei... Zumindest ist das Ende in befriedigenderwiese irre.
Also, wer Interesse an Mangas, Psychologie, Unterbewusstsein, dem sechsten Sinn, menschlichem Wahnsinn und nicht zuletzt einer gehörigen Portion Kritik an der modernen (japanischen) Gesellschaft hat, sollte unbedingt reinschauen in die beängstigend-bizarre Welt von Homunculus!
Tja. Ich nehme heutzutage nicht mehr viele Mangas in die Hand. Das Thema Mangas im allgemeinen wäre einen eigenen Eintrag wert. Eine der wenigen Ausnahmen der letzten Jahre war für mich die 15-bändige Reihe Homunculus. Dieser Manga ist ziemlich verschieden von dem meisten, was man so sieht. Das fällt schon auf den ersten Blick auf: Die Figuren sind relativ realistisch gezeichnet.
Das erste mal, als ich ihn durchblätterte, legte ich Homunculus weg. Ich gab der Geschichte erst eine Chance, als ich von der Story hörte. Und ich habe es nicht bereut.
Nakoshi , etwa 30, lebt unter Obdachlosen in einen Tokyoter Park. Aber irgendwie gehört er auch nicht wirklich zu den Obdachlosen, trägt einen Anzug und übernachtet in seinem einzigen Besitz, einer kleinen Schrottkarre.
Wie das so ist ohne Arbeit, geht Nakoshi irgendwann das Geld aus. Also nimmt er das Angebot des obskuren Medizinstudenten Ito an, für einige hunderttausend Yen eine Trepanation an sich durchführen zu lassen.
Dabei handelt es sich um einen Eingriff, der in ähnlicher Form schon im Mittelalter durchgeführt wurde: Es wird ein Loch in die Schädeldecke gebohrt.
Zuerst hatte das den Zweck, Wahnsinnige dadurch ruhigzustellen- ein bisschen wie Jack Nicholson am Ende von "Einer flog übers Kuckucksnest".
Dann gab es Leute, die daran glaubten, durch eine Trepanation den sechsten Sinn entwickeln zu können.
Ito als Mann der Wissenschaft will herausfinden, was dran ist an diesem Gerücht und führt die Trepanation an Nakoshi durch.
Dieser hat daraufhin die Fähigkeit, die Psyche der Menschen, ihr "wahres Selbst", zu sehen, wenn er sich das rechte Auge zuhält. Das klingt komisch. Und ist noch viel komischer.
Auf einmal sieht die Welt für Nakoshi nicht nur ziemlich erschreckend aus, sondern befähigt ihn dazu, bei bestimmten Leuten so tief in ihrem Bewusstsein zu graben, dass er tief verdrängte Konflikte und Erfahrungen zutage fördert, dieses Verdrängte ins Bewusstsein holt und so Menschen helfen kann.
Aber darum geht es letztlich nicht in Homunculus. Nakoshi wird dem einen oder anderen im Laufe der Serie helfen, allerdings macht er es sich nicht zur Mission, der Welt Seelenheil zu bringen.
Nakoshi ist nämlich ein ziemlicher Antiheld, mit einer zu Beginn unklaren Vergangenheit, vielen Geheimnissen und sehr merkwürdigen Angewohnheiten.
In den Anfängsbänden wird Nakoshi dem angehenden Arzt Ito von seinen Erfahrungen berichten, und darauf wird darüber diskutiert, wie diese Phänomene zustande kommen können.
Ein weiteres Manga-Klischee wird damit umgangen: Es bleibt nicht nur bei einer Spannung verheißenden Prämisse, sondern diese wird auch in einer Weise von den Charakteren reflektiert, wie man sich vorstellen kann, wie man es selbst tun würde.
Daneben lernt man interessante Info´s rund um Trepanation und Psychologie.
Überhaupt ist Homunculus in erster Linie ein psychologischer Manga. Die bizarren Verformungen, die Nakoshi sieht, haben immer eine Bedeutung.
Und es ist nicht zuviel verraten, wenn ich sage, dass die Homunculi der Anderen auch immer eine Verbindung zu Nakoshi selbst haben.
Im Laufe der Serie wird Nakoshi selbst immer interessanter, so wie der Leser mehr über seine Vergangenheit und Sicht auf die Welt erfährt. Mit Nakoshi wurde einer der tiefsten und zwiespältigsten Charaktere entworfen, die ich je in der Manga-Welt kennengelernt habe.
Die Zeichnungen sind, zumindest was die ersten zwei Drittel der Serie betrifft, durchgehend detailliert. Hier haben wir einen Manga, der ebenso das Klischee umgeht, den halben Band nur mit Nahaufnahmen von Gesichtern zu füllen (wie gesagt, zumindest in den ersten zwei Dritteln). Wobei die Gesichter selbst in tausend Variationen gezeichnet werden. Homunculus ist der einzige Manga, in welchem ich jemanden einen Moment vor dem Niesen gesehen habe.
Die Variation der Darstellungen von Gesichtsausdrücken geht von irrer Euphorie zu tiefster Verzweiflung, mit teilweise reduzierten Linienstil fast karikativ auf den Punkt gebracht. Yamamoto macht sicherlich kalr, was er jeweils ausdrücken will, und wenn er dazu den zeichnerischen Holzhammer auspacken muss.
Der einzige Makel von Homunculus: Die Serie ist einfach zu lang. Damit hat Homunculus die allermeisten Manga-Klischees erfolgreich überwunden, scheitert aber doch an dem Klischee der langgezogenen Erzählweise.
Okay, mit 15 Bänden ist die Langgezogenheit beiweiten nicht mit einem Dragonball oder, *Schluck*, Naruto/One Piece veergleichbar... aber gemessen an dem unvergleichbar hohen Niveu, das die ersten Bände der Serie setzen, ist die übertriebene Länge der einzige Makel, der Homunculus von absoluter Perfektion trennt.
Das erste Drittel der Story ist sehr kompakt erzählt. Tatsächlich ist das Pacing perfekt. Ich hatte mehr Spaß und Höheflüge der Emotionen aller Art beim Lesen als beim Anschauen vieler Filme.
Nach den ersten beiden Bänden Homunculus ist die Welt, in der man lebt, nicht mehr diesselbe.
Das zweite Drittel wird langsamer, ist aber noch zu verschmerzen- nicht zuletzt, weil es einige HAMMER-TWISTS bereithält.
Aber das letzte Drittel war nur noch Quälerei... Zumindest ist das Ende in befriedigenderwiese irre.
Also, wer Interesse an Mangas, Psychologie, Unterbewusstsein, dem sechsten Sinn, menschlichem Wahnsinn und nicht zuletzt einer gehörigen Portion Kritik an der modernen (japanischen) Gesellschaft hat, sollte unbedingt reinschauen in die beängstigend-bizarre Welt von Homunculus!
Donnerstag, 18. April 2013
Risikogesellschaft 1
Die Risikogesellschaft - Teil 1
Dies ist eine kurze Zusammenfassung des
ersten Teils von dem Buch "Risikogesellschaft- Auf dem Weg in
eine andere Moderne". Autor ist der Soziologe Ulrich Beck. Die
Riskogesellschaft erschien 1986 und gehört zu den bestverkauften
Werken der Soziologie. An manchen Aspekten nagte mittlerweile der
Zahn der Zeit, aber allgemein ist Beck´s Hauptwerk auch in der
heutigen Zeit von einiger Wichtigkeit.
Dafür, dass ich hier und da vom Text
abschweifen und meinen eigenen Gedanken folgen werde, entschuldige
ich mich im voraus.
Nach Beck gibt es in Deutschland und
den anderen Industrienationen einen Paradigmenwechsel von der Mangel-
zur Riskogesellschaft.
In Industriegesellschaften, die Anfangs
Mangelgesellschaften waren, gilt das Paradigma der
Reichtumsverteilung.
Dem steht das Paradigma der
Risikoverteilung in der Risikogesellschaft gegenüber.
Es gibt Mangel, der Bedürfnisse
schafft. Diese müssen befriedigt werden, weshalb Produkte geschaffen
werden. Industrie und Technologie entwickelt sich weiter.
Wenn die Mängel zwar nicht vollends
verschwunden sind, aber soweit eingeschränkt wurden, dass in der
Gesellschaft genug Zeit übrig bleibt, um über anderes als
Produktion nachzudenken, stellt sich ein Bewusstseinswandel auf
breiter Basis ein.
Die moderne Gesellschaft produziert mit
ihren Gütern auch immer Risiken vielfältiger Form, etwa neue
soziale Ungleichheiten, aber vor allem Belastungen für die Umwelt
durch Verbreitung von Schadstoffen, die nicht nur Natur und Tieren
schaden, sondern auch dem Endkonsumenten Mensch.
Das Paradigma der Risikogesellschaft
behandelt, wie Risken wegverteilt, verharmlost, verhindert,
dramatisiert oder kanalisiert werden. Das dahinterliegende Ziel ist,
den Modernisierungsprozess nicht zu behindern.
Die Modernisierung wird reflexiv. Das
heisst, dass man nicht mehr unreflexiv das Wachstum ankurbelt,
sondern beginnt zu hinterfragen, welche möglichen Gefahren dieser
Prozess generiert. Skeptizismus stellt sich ein.
Die rauchenden Schlote einer Fabrik
sind nicht mehr wie zuvor nur das Symbol für eine funktionierende
Wirtschaft und der Bereitstellung von Arbeitsplätzen, sondern auch
Ausgang für Schadstoffe, die mit dem Regen wieder auf die Erde
treffen, ins Grundwasser sickern, von Menschen aufgenommen werden.
Dass man die Schlote dann möglichst
hoch baut, damit die Schadstoffe nicht auf die Stadt in der direkten
Umgebung niedergehen, ist höchstens eine kurzfristige Lösung des
Problems.
Letztlich ist jeder von Risiken
betroffen, und auch die Produzenten der Risiken werden letztlich von
ihnen eingeholt. Das nennt Beck den Bumerang-Effekt. Dieser
Bumerang-Effekt sprengt, da Risiko schichtenunabhängig jeden
betrifft, das Klassenschema.
In der sogenannten Dritten Welt
herrscht nach wie vor allein das Paradigma der Reichtumsverteilung.
Die offensichtliche materielle Not der Bevölkerung wird als
Rechtfertigung von mangelhaften Schutzvorkehrungen etwa der
Arbeiterschaft benutzt.
Die Abwasser einer Fabrik können da
ins Grundwasser fließen, was toleriert wird, wo diese Fabrik doch
wichtige Arbeitsplätze verschafft. Arbeitsplätze, die zum Überleben
wichtiger sind als sauberes Leitungswasser. Die Verschmutzung und
Belastung der Gesundheit wird als notwendiges Opfer gesehen, um den
im vergleich wichtigeren Lohn des Wachstums zu genießen.
Die Bevölkerung ist in weiten Kreisen
nicht über die sie umgebenden Risiken aufgeklärt. So ist es ein
alltäglicher Anblick, in 3.Welt-Ländern Bauern zu sehen, die ohne
Schutzkleidung oder Atemmaske literweise giftigen Dünger per Hand
über ihre Felder versprühen.
Deutschland heute steht zwischen beiden
Gesellschaften, obwohl es viel mehr Risikogesellschaft als
Mangelgesellschaft ist.
Das kann man sagen, da es immer noch
Mangel in Deutschland gibt, und in gewisser Weise wohl auch immer
geben wird. Dabei ist jedoch die Qualität des Mangels von Bedeutung,
die sich klar von der in einem Dritte-Welt-Land unterscheidet.
So gibt es in Deutschland keine
absolute Armut mehr, die das physische Überleben unmöglich macht.
Als Obdachloser lebt es sich nicht
leicht, aber zumindest kann man davon ausgehen, dass man als solcher
nicht verhungern wird oder es keinerlei Möglichkeit gibt, zumindest
kurzfristig ein Dach über dem Kopf zu finden, sofern das überhaupt
angestrebt wird (wer lange auf der Straße lebt, entscheidet sich
häufig gegen ein langfristiges Obdach, da dieses als beengend
empfunden wird).
Dann unterscheidet sich der neue
Riskobegriff vom alten. Risko hat es auch früher gegeben. Dieses war
allerdings wahrnehmbar. Etwa der Gestank in Städten, die keine
funktionierende Kanalisation hatten.
Ebenso lag das Risiko der Armut auf der
Hand, oder, weniger weit zurückliegend und immer noch gültig, das
Qualifikationsrisiko, nicht die richtige Ausbildung/Schulbildung zu
genießen und danach als Arbeitsloser zu enden.
Die neuen Risiken entziehen sich der
unmittelbaren Wahrnehmung. Schadstoffe in der Luft sind unsichtbar.
Diese Risken stellen sich nur im Wissen um sie her. Wovon man zuvor
nicht wusste, existierte in der eigenen, wahrgenommenen Welt auch
nicht. In diesem Sinne geht man in der Riskogesellschaft
konstruktivistisch vor.
Existent werden Risiken nur, wenn sie
die Diskurslandschaft betreten. Worüber man nicht spricht, existiert
nicht. Ebenso kann das Risko nur im Diskurs verändert werden.
In der Riskodefinition spielen die
Medien eine Schlüsselrolle.
Im Sinne des investigativen
Journalismus werden Skandale der Riskoproduktion aufgedeckt,
zumindest idealerweise.
Im Diskurs um Risiken teilen Vertreter
der Medien das Feld mit Produzenten, die Experten anheuern, um die
Aussagen von Gegenexperten zu entkräften, deren Behauptungen, wenn
sie sich als wahr herausstellen, zu einem Schrumpfen oder Umstellen
der Produktion führen müssten. Als Akteur ist natürlich auch die
Öffentlichkeit zu nennen, deren Meinung das politische und
wirtschaftliche Handeln beeinflusst.
Das Problem an etwas, was man nicht
wahrnehmen kann, ist, dass man niemals sicher wissen kann, welche
Aussagen darüber wahr oder falsch sind. Ein anderer Aspekt von der
neuen Art von Risiken ist, dass sie übernational gelten und somit
global jeden betreffen. Viel Aufsehen und anschließende politische
und wirtschaftliche Maßnahmen zog die Feststellung des Klimawandels
und der darauf aufbauenden, für viele besorgnisserregenden Prognosen
für die Umwelt, auf sich.
Aber für jene Experten, die sich für
eine Reduzierung der CO2-Ausstöße einsetzen, kommen auch
Gegenstimmen anderer wissenschaftlicher Experten, die die Umstände
verharmlosen und meinen, dass alles nicht so schlimm sei. Es gibt
auch von CO2-produzierenden Industrien angestellte PR-Männer, die
aktiv gegen die "Panikmache" des angeblich so schlimmen
Klimawandels vorgehen.
Es herrscht also ein fortdauernder
Kampf um Meinungen, geführt mit dem Instrument der Sprache.
Wer erscheint am glaubwürdigsten? Wer
hat die besseren Argumente, die zuverlässigeren Daten?
Dabei gibt es viel Unklarheit.
Allgemein herrscht in der modernen Welt ein hohes Vertrauen in
wissenschaftlichem Vorgehen. Aber wie wahrheitshaltig kann diese
Wissenschaftlichkeit letztlich sein?
Eine beliebige Statistik etwa, mit
wissenschaftlichen Methoden erhoben, erklärt sich niemals selbst,
sondern kann, je nach Kontext, so oder so interpretiert werden und
somit unterschiedliche Aussagen repräsentieren.
Eine andere Gefahr ist, nicht zu
wissen, wie Erhebungen überhaupt zustande kamen, welche Methode
ihnen zugrunde liegt.
In der Ermessung globaler Armut etwa
wird festgestellt, dass weniger Menschen als ein paar Jahre zuvor
unter Armut leiden. Die anhängende Interpretation ist, dass unterm
Strich alles immer besser wird .
Was zu hinterfragen ist, wo die Grenze
zu Armut gezogen wird. An der Kategorisierung zu schrauben bedeutet
in dem Fall, Ergebnisse zu beschönigen, indem man die Messlatte, ab
wann man global als arm zu gelten hat, niedriger setzt.
Ein anderes Beispiel für die
Problematik von zuverlässiger Aussagekraft für große
Datenerhebungen ist das BIP, welches wirtschaftliches Wachstum messen
soll. In letzer Zeit stand es in der Kritik, nur unzureichende
Kategorien einzubinden. Es gibt Vorschläge, zum Messen von
Lebensqualität in einem Land nicht nur dessen wirtschaftliches
Wachstum zu berücksichtigen, sondern auch Kategorien wie den Stand
der Bildung oder Nachhaltigkeit hinzuzuziehen.
Also kann man sich kaum nach Wahrheiten
richten, sondern sich nur für Wahrscheinlichkeiten entscheiden.
Wichtig ist, sich immer zu fragen,
welches Interesse die Überbringer von Informationen verfolgen, wie
sie bei dem Sammeln von Wissen vorgingen, was die Quellen sind, oder
für wen sie arbeiten.
Dienstag, 26. März 2013
Poststrukturalismus 4 (Finale)
6. Heute
Nach dem großen Geschichtsüberblick der vergangenen Teile kann man
den PS also im Licht der Geschichte betrachten und verstehen,
inwiefern er sich von allen vorgegangenen Denkweisen unterscheidet,
und wie er aus ihnen hervorgegangen ist.
In diesem letzten Teil betrachten wir etwas genauer, was ihn
ausmacht, welche Denker ihn vor allem prägten, wer gegen ihn kämpft,
und weshalb der PS als Grundlage des Gender-Diskurses und der
Political Correctness dient.
Die Informationsquelle ist hierbei die zweite Folge über
Poststrukturalismus, erschienen auf der Seite des CRE.
Wie immer halte ich mir nicht vor, dabei alle im Podcast
angesprochenen Themen aufzugreifen. Ich gebe nur wieder, was bei mir
hängenblieb, und wie es hängenblieb. Wenn ich teilweise
Informationen nicht ganz korrekt wiedergebe oder abschweife, bitte
ich das im Vorfeld zu entschuldigen. Korrekturen oder Kommentare sind
gerne willkommen.
Erinnern wir uns, was die Moderne ausmachte: Veränderung als
Konstante, und frohlockender Fortschrittsglaube: Immer weiter,
schneller, höher. Wachstum um jeden Preis.
Dieses Fortschrittsdogma entpuppte sich als neuer Zwang, den sich die
Menschheit selbst auferlegte (und es teils immer noch tut).
Dieser Zwang muss ebenfalls hinterfragt werden.
Die Hochzeit des PS lag in den 70ern. Neben Anderen sind Foucault und
Derida als führende Denker zu nennen.
Heute hat der PS nicht mehr viel zu melden, aber er prägte viele
Denkrichtungen. Ihm entwuchs der Dekonstruktivismus, welcher sich von
gängigen Denkweisen distanziert und in seiner radikalen Form
statuiert, dass es keine allgemeine, sondern viele subjektive
Wahrheiten gibt. Der Dekonstruktivismus beeinflusste sogar die
Architektur.
6.1.Focault und
die Diskurse
Foucault entwickelte niemals ein geschlossenes Denksystem, sondern
galt eher als ein "Troll der Philosophie", der vor allem
gängige Denkmuster angriff. Er prägte die Diskurstheorie.
Wir alle schwimmen in Ideen-Strömungen, die Focault als Diskurse
bezeichnete.
Im Kern geht es bei Diskursen um die Verteilung von Macht- Wer hat
die Macht, und wem wird sie vorenthalten, und wieso wird sie
bestimmten Leuten vorenthalten?
In den Diskursen gibt es also Majoritäten, die Minoritäten
systematisch ausschließen, indem ihnen kein Platz im Diskurs gewährt
wird. Nur durch das Eindringen der Minoritäten in den Diskurs
entstehen neue Machtkerne, auf die die alten Machtkerne fortan
blicken und sich, vom Neuzugang ausgehend, umorientieren- der Diskurs
ändert sich.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung bietet der Gender-Diskurs.
6.2
Gender-Debatte
Zu dieser Zeit ist es gar nicht solange her, dass eine erneute
Debatte über Sexismus die Medien beschäftigte.
An dieser Stelle sei auch auf die Folge des Soziopod verwiesen, der
sich mit Feminismus beschäftigt, bzw. seinen Ursprüngen und seinen
diskurstheoretischen Wurzeln.
Die ausgeschlossene Minorität bilden hierbei die Frauen.
Genauso wie andere Minoritäten, etwa Schwule oder Schwarze,
versuchten und versuchen Frauen eine gleichgestellte Position in der
Gesellschaft zu erlangen.
Ein Kulturraum wird bestimmt von seinem Sprachsystem. Wo es keine
Sprache für Minoritäten gibt, werden sie ausgeschlossen, z.B. in
der Hackerszene, die von Männern dominiert ist. Unter Hackern gibt
es den "Balls of Steel- Award". Für Frauen ist es
dementsprechend schwer, einen solchen Award zu erlangen.
Sexismus wird als Degradierung des anderen Geschlechts definiert;
sexistisch verhält sich, wer sich als mächtiger darstellt als das
andere Geschlecht. Das kann für Männer wie auch für Frauen gelten,
unterm Strich sind es aber vor allem die Männer, die ihre
Machtdominanz demonstrieren.
Der Feminismus ist also kein bloßes "Frauen-Ding", sondern
es geht dabei ganz allgemein um die Gleichheit von Menschen, bzw. um
das Ankämpfen gegen Ungleichheit. Wer sich zum Feminismus bekennt,
egal ob Frau oder Mann, verfolgt ein positves Bild beider
Geschlechter- dabei werden Männer keineswegs in die
Sexismus-Schublade gesteckt, sondern sie werden im Gegenteil als
Menschen anerkannt, die Frauen als gleichwertig behandeln.
6.3. Political
Correctness
PC ist anstrengend. Und man ist niemals fertig mit ihr. Die PC
beschäftigt sich mit der Sprache, ganz im poststrukturellen Sinne.
"Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.." dreht sich
eigentlich immer um Dinge, die man eben nicht mehr so sagen sollte.
Einen Gehandicapten als gehandicapt und nicht als behindert zu
bezeichnen ist politisch korrekt, da man "Behindert" auch
als Schimpfwort benutzen kann. Schwarze werden nicht als "Neger"
bezeichnet, da man sich der kolonialen Wurzeln dieser Bezeichnung
gewahr ist. "Neger" hat nicht nur heute eine negative
Konotation, sondern hatte sie schon immer- als Oberbegriff für eine
Art von Menschen, die der weißen Klasse untergeordnet war, die zu
Beginn gar nicht als Menschen gehandelt wurden- das "alle
Menschen sind gleich" der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung
schloss Schwarze erst später in die Begrifflichkeit Mensch ein.
PC ist anstrengend, weil sie Gewohnheiten umstößt. Das ist immer
mit Mühsal verbunden. Diese Anstrengung ist auf dem Weg zu
Gleichberechtigung jeoch nötig.
6.4.
Kontrollverlust
In Frankfurt stehen sich normale Bankgebäude auf einem Haufen, die
Bundesbank sowie das EZB-Gebäude in einem Triangel gegenüber.
Die poststrukturell kritische Perspektive gegenüber der Architektur
der Bundesbank begreift diese in ihrer Form als maximal mögliche
Reduktion eines Schlosses. Darin spiegelt sich, dass Geld an die
Stelle des absolutistischen Herrscher als oberste Instanz getreten
ist. Alle (anderen Banken) haben sich nach ihr auszurichten.
Die EZB wiederum sondert sich von Banken und Bundesbank ab und
symbolisiert mit ihrer ausgefallenen Architektur, dass sie mi dem
alten System nichts zu tun hat, und somit eine exzentrische
Kontrollfunktion übernimmt.
Das ist eine Deutung der Architektur und Positionierung der Banken.
Ob sich die Erbauer das auch so gedacht haben? Genau diese Frage,
nach der ursprünglichen Bedeutung, ist nach der poststrukturellen
Denkweise irrelevant.
Denn nachdem ein Text der Öffentlichkeit zugänglich wird, entzieht
sich dem Autor des Textes die Kontrolle über seinen Text, über die
Art, wie sein Text interpretiert wird. Der Autor kann zwar seine
Interpretation in die Diskussion einbringen, jedoch ist sie nur eine
von vielen möglichen Deutungen. Das wird als Kontrollverlust
bezeichnet.
Daran zeigt sich, dass die Grenze zwischen Sprache und Sprechendem
verwischt; nicht der Autor spricht die Sprache, sondern die Sprache
spricht den Autor.
6.5. Das
Verschwinden des Autors
Die Deutung über seinen Text entzieht sich der Kontrolle des Autors.
Der Autor tritt zurück und reiht sich ein in ein Meer der
Interpreten.
Der Namenskult hat viel von seiner Bedeutung verloren. Heute ist es
in vielen Bereichen nicht mehr wichtig, von wem etwas stammt, wer der
Urheber eines Textes, eines Bildes, einer Idee ist. Nur zu oft ist
das nicht nur nicht mehr wichtig, sondern auch so gut wie unmöglich,
nachzuweisen, wer der Urheber ist.
6.6 Lecker
Meme-Suppe
Praktische Anwendung findet dieses Prinzip auf Seiten wie "4Chan",
die ungefilterte Internet-Ursuppe, in welcher jeder Autor denselben
Namen trägt, nämlich gar keinen: Anonymous.
4Chan stellt einen Umschlagplatz der Meme dar.
Den Begriff "Meme" hat Dawkins in seinem Buch "Das
egoistische Gen" geprägt. Darin postuliert er, dass es
bestimmte Gene gibt, die sich ähnlich einem Virus verbreiten,
anpassen, weiterentwickeln und teilweise immunisieren. Um zu zeigen,
dass dieses Prinzip auch in der kulturellen Welt sichtbar greift,
erfand er den Begriff der Meme, also Ideen, die sich irgendwann viral
verbreiten. Irgendwann verbreitet sich ein solches Meme nicht mehr
schrittweise, von einem zum anderen, sondern es macht "Klick"
und auf einmal weiß irgendwie jeder, worum es geht. Jeder hat
irgendwie schon von irgendetwas gehört, ohne dass man sagen kann,
von wem man es hörte.
Der Autor verschwindet im Nebel der Unklarheit.
Ein Merkmal des Memes ist, dass es sich radikal von anderen Zeichen
absetzt. Denn je stärker die Differenz zum Erwarteten ist, desto
größer ist der "Aha-Effekt". Je größer der
"Aha-Effekt", desto größere Chancen hat das Meme sich
weiterzuverbreiten. Wenn ich fünfzig Mal auf 4chan blau sehe und
dann auf einmal rot, wird sich das rot am ehesten einprägen.
6.7. Ein
bisschen Linguismus
Man sucht sich immer die kleinsten gemeinsamen Teile, um das Große
und Ganze zu erklären. In der Physik sieht man auf die Atome. In der
Sprachwissenschaft nennt man die kleinsten Sinnträger, die sich von
anderen Lauten absetzen, "Phoneme".
Strukturalismus ist ein Zweig der Sprachwissenschaft, der Mechanismen
der Sprache theoretisch abstahiert und versucht auf die Kultur zu
übertragen.
Anthroplogie ist die Lehre vom Menschen. Claude-Levi-Strauss brachte
nun den Strukturalismus in die Anthroplogie, indem der den Begriff
der "Mytheme" prägte.
Mytheme sind narrative Einzelelemente, die maximale
Unwahrscheinlichkeiten in abstrahiertester Form darstellen. Die
Ödipus-Legende etwa erfreut sich nach so langer Zeit großer Beliebtheit,
weil in ihr viele einzelne Elemente maximaler Unwahrscheinlichkeiten
verbunden werden:
Ein Mythem ist, dass der Sohn seinen Vater tötet. Ein anderes, dass
der Sohn mit der Mutter schläft. Ein weiteres, dass er sich nicht
bewusst ist, mit wem er schläft, und wen er tötet.
Das maximal Unwahrscheinliche wird von Menschen am ehesten
weiterverarbeitet.
Ebenso, wie beliebte Memes auf 4chan immer weiter in Variationen
wiederholt werden, durchziehen bestimmte Figuren und Erzählstränge
Filme, Bücher und jede Form der Geschichtenerzählung bis heute.
Bestimmte Prinzipien erfreuen sich halt immer dergleichen Beliebtheit
im Publikum.
Die Literaturwissenschaft übernahm das Prinzip der Archetypen, und
liest seitdem alle Literatur auf neue Weise. Jede Geschichte wird in
ihre kleinstmöglichen Erzählelemente zerlegt. Ein Buch kann auf
diese Weise solange in Einzelteile zergliedert werden, bis nur noch
ein Haufen Mytheme übrig ist.
Das letztendliche Ziel dieser Bemühungen ist herauszufinden, was die
kulturell übergreifende Universalgrammatik ist. Gibt es quasi
Erzählatome, die in ihrer reinen Beschaffenheit immer gleich sind,
nur von verschiedenen Kulturen unterschiedlich zusammengesetzt
werden?
Nein, meint der Postrstrukturalist. Es kann keine festen Werte geben,
weil sich Zuschreibungen (Interpratationen) immer ändern
können.Außerdem ergibt sich Sinn immer nur in Abgeschlossenheit.
Erst nachdem ein Satz ausgesprochen wurde, wird sein Sinn klar. Die
Sinnproduktion erfolgt a posteriori. Erst in der Aktion wird der
Gehalt erkennbar.
Daher gibt es nach dem PS keinen festen Baukasten, an den
Linguistiker glauben. Stattdessen sind die einzelnen Elemente, die
man sich herausgreift, zufällig.
Das wird "Arbitrarität" genannt. Es gibt keinen zwingenden
Grund, eine physische Erscheinung mit brauner Rinde und grünen
Blättern "Baum" zu nennen. Unsere Sinnzuschreibungen sind
zufällig, und können sich jederzeit ändern.
6.7 Eine
unheimliche Welt
Wo alle Gewissheit ungewiss wurde, lebt es sich seltsam schwerelos.
Die Konsequenz des Postrstrukturalismus soll jedoch nicht der
Nihilismus sein. Viel mehr sollten wir einfach im Hinterkopf
behalten, wieviele scheinbar sichergeglaubte Dinge in ihrem Wesen
doch so unsicher sind. Das ist eine Art zu denken, welche einen durch
den Alltag begleiten kann. In allen Debatten, deren zeuge man wird,
kann man so immer seinen eigenen Standpunkt kritisch beleuchten. Ist
eine Sache wirklich so klar, wie sie scheint? Welche anderen
Sichtweisen gibt es? Welche Sichtweise vertritt mein Gegenüber? Und
in welcher Kultur, welchem Mileu, was auch immer, ist er
aufgewachsen, dass er so denkt?
So endet mein kurzer Überblick über den Poststrukturalismus. Dieser
letzte Teil ist etwas konfuser als der Geschichtsrückblick, was nur
deutlich macht, dass die Gegenwart sowieso erst im Rückblick
(besser) erklärbar wird, weil man ihr eine bestimmte Deutung gibt
(welche jedoch beliebig ist).
Ausflüge wie in den Linguismus sind sicherlich viel zu vereinfacht.
Das ist der Vorzug, wenn man kein Fachmann ist.
Vielleicht wurde jedoch klar, wie vielfältig die Auswirkungen des
Poststrukturalismus für unseren Alltag sind.
Danke und auf Wiedersehen, bs zur nächsten Folge Summera-TV !
Poststrukturalismus 3
5.Der unaufhebbare Widerspruch
5.1.: In a Nutshell
In diesem Teil
kommt der geschichtliche Rückblick zum Ende. Die Widersprüchlichkeit
in Kants Denkmodell wird klar und leitet die "Linguistic Turn"
ein- von da an sind alle philosophischen Probleme sprachliche
Probleme. Drei Lösungsmodelle wurden entworfen, um dem
entgegenzustehen:
1. Die
analytische Sprachphilosophie
2. Die
Hermeneutik
und
3. Der
Poststrukturalismus,
welcher im
Gegensatz zu den beiden anderen Modellen keine Lösung mehr
anzustreben versucht, da man nie aus dem infinitiven, dem endlosen Prozess des
Erkennens ausbrechen kann: Eine Meta-Sprache, die die Sprache
beschreibt, hat wiederum ihre Meta-Meta-Sprache und so weiter.
Das kann man
entweder negativ als Werterelativismus, oder aber positiv als
Hyperaufklärung bezeichnen.
5.2.: Herder versus Kant
Am Anfang
stellte sich Kant auch die Frage, wie man Moral erklären kann. Bevor
er darauf antworten kann, erkannte er, muss er aber erst ausmachen,
was die Erkenntnislogik eines Menschen ausmacht.
Durch Kant kam es zur Aufklärung. Kant schloss in seiner "Kritik
der reinen Vernunft" dass es zwar das "Ding an sich",
also die objektive Realität/Wahrheit gibt, der Mensch es aber nicht
in seiner reinen Form sieht, sondern nur in der Wahr-nehmung
abbildet. Dazu bedient er sich der Vernunft, die mit dem "Ding
an sich" irgendwie verbunden ist. Wir bekommen also dem Ding an
sich umso näher, je besser wir uns der uns innewohnenden Vernunft
bedienen. Die Vernunft ist a priori, alles , was wir in der Welt
erfahren, a posteriori.
Diese Vernunft ist universell, potentiell bei jedem Menschen
gleichsam vorhanden- nur der Grad der Nutzung variiert. Das eröffnet
die praktische Möglichkeit, dass alle Menschen miteinander auskommen
können und alle Widrigkeiten untereinander beilegen können, wenn
sie nur vernünftig darüber kommunizieren.
Und dann kam Herder und kritisierte, dass sich die Vernunft selbst
gegenüber nicht transparent sein kann :
Kant schrieb die "Kritik" in der Sprache, die er gelernt
hat. Diese Sprache musste er wie jeder erst als Kind lernen. Die
Sprache ist weltlich. Sprechen ist Erfahrungssache.
Findig pointiert Herder, dass Kant mit seiner irdischen Sprache etwas
überirdisches beschreibt. Die Vernunft ist rein weil universell,
immer gültig, unveränderbar vor aller Erfahrung. Die Sprache ist
dynamisch, unrein, wandelbar, nach der Erfahrung, weltlich.
Wie kann man die Vernunft mit der Sprache beschreiben?
Wie kann man sicher sein, dass dieses so vielen Beliebigkeiten
ausgesetzte Instrument dazu geeignet ist, das Prinzip der Vernunft zu
repräsentieren?
Die Vernunft ersetzt Gott als höchstes Prinzip. Sie muss sich prüfen
lassen können, ansonsten landet sie, genau wie Gott, in der
Schublade der Unbeweisbarkeit/Unwiderlegbarkeit als reine
Glaubensfrage.
Dabei kann sich die Vernunft jedoch nur ihrer eigenen Instrumente
bedienen, um sich zu prüfen. Ich kann formale Logik innerhalb der
formalen Logik anwenden, aber nicht außerhalb. Innerhalb eines
geschlossenen Systems habe ich kein Problem, das System zu beweisen.
Wenn es jedoch wirklich geprüft werden soll, muss es von aussen
geprüft werden. Außerhalb der Logik kann ich die Logik nicht
beweisen. In der "echten" Welt hat die Logik keine
Entsprechung. Der Formalismus endet im Leerlauf.
Das wird als "linguistic turn" bezeichnet, die Wende, von
der an die Sprache als vermeintliches Instrument, die Vernunft
darzustellen oder eben nicht darstellen zu können, im Fokus der
Aufmerksamkeit aller Grübler steht.
(Persönlicher Kommentar: Das ist eigentlich das Ende der
herkömmlichen Philosophie als reine Disziplin- ihr ist nur der
Bereich der Logik geblieben, der für sich genommen nicht viel mehr
ist als das, was er für sich genommen ist. Stattdessen treibt sich
Philosophie immer als Teildisziplin in allen anderen Disziplinen
herum um sich ein bisschen einzumischen. Oder degradiert sich zu
Alltagsphilosophie, um neben
5.3.: Drei Wege
Es bleibt nichts als Unbehagen. Auf einmal ist nichts mehr klar.
Dabei sah in der Aufklärung für kurze Zeit alles so schön aus, das
Happy End schien nah; wenn man die Vernunft unumstößlich beweisen
könnte, könnte man von da aus ein für jeden gültige Moral
konzipieren und in Riesenschritten der immer vernünftigeren, sich
immer mehr dem Ding an sich annähernden Weltgemeinschaft zugehen.
Aber so ist es erstmal unmöglich, unumstößlich gültiges über
Moral zu sagen. Denn dazu ist die Vernunft nötig. Und wie wir
gesehen haben, muss man sich der Sprache bedienen, um die Vernunft zu
erklären.
Aus dieser Beschäftigung mit der Sprache entstanden drei
Denkrichtungen:
- Die analytische Sprachphilosophie des angelsächsichen Raumes, die
Anwendungsorientiert ist.
Okay, ich will nicht viel über etwas schreiben, wovon ich ehrlich
gesagt so gut wie nichts weiß, darum lasse ich es bleiben. Wichtig
ist hierbei nur, dass Anhänger dieser Richtung nicht verzweifeln,
sondern der Ansicht sind, mit Common Sense alle Probleme lösen zu
können- man ist anwendungsorientiert.
- Die Hermeneutik aus deutscher Richtung, welche das System hinter
der Sprache zu deuten versucht. Eine hermeneutische Sichtweise ist
also, dass sich in jedem Abbild die dahinterliegende Struktur
abzeichnet: Das Universum im Sandkorn sozusagen. Die Sprache mag also
oberflächlich unsauber sein, jedoch bildet sich in ihr die ihr
zugrundeliegende Wahrheit ab. Es lohnt sich also, die Sprache zu
sezieren, in ihre kleinsten Teile zu zerlegen um zu sehen, wie sie
beschaffen ist.
- Der Poststrukturalismus, der da alle Strukturen zereisst, und die
Suche nach endgültigen Wahrheiten endgültig aufgibt, da er sie als
endgültig sinnlos entmystifiziert.
5.4.: Landung
auf Planet Poststrukturalismus
Diese Denkrichtung hat keine programmatische Bibel, mit der man
anderer Leute Köpfe einschlagen kann. Darum kann man dem
PS Schwammigkeit vorwerfen.
Er sagt aber weniger, wie die Welt ist, als, wie sie nicht ist. Sie
ist nämlich niemals nur so, sondern kann auch ganz anders sein.
Also nochmal zusammengefasst:
Es wird unklar, ob ich die Sprache spreche, oder die Sprache mich
spricht. Ich kann nur in der Weise denken, wie es der Rahmen der
Sprache erlaubt, mit der ich aufgewachsen bin. Spräche ich eine
andere Sprache, würde ich auch anders denken. Die Sprache ist das
Produkt einer Kultur, und es gibt viele unterschiedliche Kulturen,
Sichtweisen, Sprachen. Das ich mit etwas, was von außen kam, etwas
beschreiben soll, was theoretisch schon immer innerlich war, stellt
einen vor einen unauflösbaren Widerspruch.
Der PS lehnt im Gegensatz etwa zur Hermeneutik ab,
Sinn hinter dem System zu vermuten, da hinter diesem Sinn ein
weiterer Sinn stehen müsste, und immer so weiter.
So wie Atome in der Physik die kleinsten Teile der Dinge darstellen,
gibt es kleinste Teile von Sinn in der Sprache. Außerhalb der Welt
gibt es keine Welt, und die ganze Welt ist Text. In der Konsequenz
ist kein Text mehr davor sicher, von Linguisten untersucht zu werden.
Ein Gedicht kann auf dieser Grundlage linguistisch genauso seziert
werden wie Heideggers "Sein und Zeit" .
Im poststrukturalistischen Denken macht dieses Sinnsuche jedoch
keinen Sinn mehr.
Diese Denkweise gibt das geistige Werkzeug her, gängige Denkweisen
zu hinterfragen. Unsere abendländische Philosophie ist nur eine Art
der Weltanschauung. Sie hat den Stein der Weisen nicht in der Hand,
sondern ist nur eine Möglichkeit.
Hier funktioniert PS als Hyperaufklärung, Aufklärung nach der Aufklärung, welche die Grenzen der Aufklärung aufweist, auf den verfügbaren Spielraum verweist und Vorschläge gibt, nach welchen Regeln man innerhalb dieses Raumes mit anderen spielen kann.
Montag, 25. März 2013
Poststrukturalismus 2
Poststrukturalismus 2
4.Aufklärung
Ende des 18. Jahrhunderts kommt es zur Aufklärung.
In ihr wird der Mensch aufgeklärt über die von ihm selbst
geschaffenen Restraints, den Widrigkeiten,Fesseln, Barrieren, die ihn in seiner Freiheit beschränken.
Nachdem sich der Mensch über diese von ihm selbst geschaffenen Barrieren
bewusst wurde, setzt er sich über sie hinweg.
In der vormodernen Welt hielten die Machthaber die
Restraints in der Hand. Ihre Rechtfertigung, die Legitimation ihrer Macht, lag
im Verweis zu göttlicher Authentifizierung.
Aus diesem Grund kann man die islamische Welt innerhalb
dieser Sichtweise als immer noch vormodern bezeichnen.
Der Chef der Aufklärung ist Kant.
Vorarbeit wiederum
hat Descartes geleistet, indem er eine Existenzbegründung von sich selbst ohne
Gott schuf:
"Ich denke, also bin ich"
Dadurch wurde Gott zu einer bloßen Möglichkeit degradiert.
Zuvor wurde er in der Denkweise der Menschen als Tatsache gehandelt. Gott schuf
den Menschen, darum existierten die Menschen. Durch Descartes wurde das anders.
Von da an war Gott nur noch eine Möglichkeit, aber keine Notwendigkeit. Der
Mensch existierte, weil er dachte.
Natürlich dachte mit Eintreten des Gedankens von Descartes
nicht jeder so. Aber eine neue Idee hat die Welt des Geistes betreten. Es gab
nun eine alternative Denkweise, die nicht mehr wegzudenken war.
Auf diesem Fundament wurde weiter aufgebaut.
Kant dachte elf Jahre in seiner Stube nach und stellte dann
mit Erscheinen seiner "Kritik der reinen Vernunft" die gesamte
Philosophie auf den Kopf, was als kartesianische Wende bezeichnet wird.
Mit "Kritik" ist hier "Abhandlung"
gemeint.
Kants Denken wurde auch mit kritischer Kritik begegnet, aber
dazu kommen wir erst später.
Kant rückte das
Subjekt, welches Descartes zuvor von Gott autonom machte, ins Zentrum der Welt,
während zuvor die Welt im Zentrum stand.
Das heisst, vor Kant wurde die Welt als objektive Wahrheit
begriffen, die der Mensch erkennend verstehen kann. Kant entwickelte aber die
Idee, dass das Subjekt alle Erkenntnisse selbst generiert. Die Naturgesetze
etwa schwirren nicht irgendwo da draußen herum und exisieren unabdingbar,
sondern sie werden im menschlichen Bewusstsein generiert.
Das heisst auch: Gibt es keinen Naturgesetze schaffenden
Menschen, gibt es keine Naturgesetze. Darum richtet sich die Natur nach dem
Menschen und nicht umgekehrt.
"Bisher nahm man
an, alle Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten;
aber die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis
richten."
Gott wird von Kant vollends in die Glaubens-Schublade
gewiesen. Kant killte alle Versuche, Gott rational zu beweisen (und damit auch
zu widerlegen), indem er alle wichtigen Gottesbeweise kaputtdachte- Vernunft
for the win, die sogenannten Beweise waren völlig nichtig, wenn man nur
ordentlich über sie nachdachte.
Das machte Kant aber nicht etwa, weil er etwas gegen Gott
hatte. Nein, Kant war ein Freund Gottes und tatsächlich ziemlich gläubig. Aber
eben auch nicht mehr als gläubig. Kant bewies, dass Gott rational nicht zu
beweisen ist und damit reine Glaubenssache.
Gott wird eine unerhebliche Privatsache.
Die Religion ließ sich von Kants Denkweise beeinflussen ,
indem sie die Bedeutung der Aussage, dass Gott den Menschen nach seinem
Ebenbild schuf, umdeutete. Ebenbild war von nun an nicht mehr in dem wörtlichen
Sinn zu verstehen, dass Gott wie ein Mensch aussieht, also das Väterchen mit
weißem Bart in der Wolke ist, sondern im Übertragenen Sinn, dass dem Menschen
dieselbe Vernunft innewohnt und er nur in diesem Sinne ein Ebenbild Gottes sei.
Der Dreh- und Angelpunkt in Kants Denken ist die Vernunft.
Jeder Mensch ist mit potentiell mit derselben Vernunft ausgestattet. Nur
entfaltet sich diese universelle Vernunft nicht universell.
Die Logik ist ein Trainingsprogramm der Vernunft.
Wer ordentlich mit formalen Aussagen umgehen kann, lernt,
sich seiner Vernunft zu bedienen.
Also übt man erst, mit Axiomen, Prämissen etc. auf rein
formaler Ebene zu hantieren. Und dann kann man diese Art des Denkens auf die
Welt übertragen.
Wer nicht logisch denken kann, kann nicht vernünftig
handeln.
Kant kombinierte die Denkweisen des Rationalismus, nach dem
bestimmte Kategorien des Erkennens a priori (vor der Erfahrung) vorgegeben sind
und den Empirismus, nach dem sich die Wirklichkeit allein durch äußeres
Einwirken, durch Erfahrung, im Menschen generiert. Das ist eine recht allgemein
Aussage. Wer will, kann sich zur Vertiefung nach Belieben in Kants Texte
eingraben um herauszufinden, was damit gemeint ist. Aber es geht mir hier nicht
um die Herleitung, sondern nur um die Auswirkungen des Resultats seines
Denkens. Um den Überblick zu wahren, muss man eine relative Flughöhe über den
Gedankenkonstruktionen wahren. Ansonsten landen wir in einem Gedankenschloss
und verlieren uns in seinen Komplexen und verlieren die Ausgangsfrage am
Horizont, welche ja "Was ist der Poststrukturalismus?" ist.
Kant stellt also den Universalitätsanspruch, dass allen
Menschen dieselbe Vernunft zugebilligt wird.
Die Vollendung dieser Emanzipation wurde erreicht, als ein
Schwarzer die höchste Machtposition bekleidete.
Das klingt ja alles wunderbar. Aber ist es wirklich so
kritiklos super beschaffen um die Vernunft?
Sonntag, 24. März 2013
Listening- Diary: Poststrukturalismus 1
Poststrukturalismus
24.03.2013
1.Zuvor:
Dieser Text ist eine schriftliche
Zusammenfassung dessen, was bei mir hängenblieb, nachdem ich die Folgen über Poststrukturalismus auf dem CRE gehört habe. Im Podcast
erzählt Gregor Sedlag auf zwei Folgen verteilt, was er nach
jahrelangem Studium zu der Thematik sagen kann. Dementsprechend hoch ist
die Informationsdichte dieser beiden Folgen, insbesondere Teil 1, der
in keinen zwei Stunden einen großen Überblick der
Philosophiegeschichte darstellt.
Ohne jegliches Vorwissen ist es
dementsprechend schwer, dem Podcast durchgehend folgen zu können.
Grundwissen über Marx, Marxismus, dem kritischen Marxismus der
68er-Bewegung, dem Descardianischen Cogito , der kantianischen Wende
der Philosophie , dem Rationalismus und dem Empirismus ist dabei
hilfreich.
Ich nehme mir nicht heraus, jetzt zu
wissen, was Poststrukturalismus im strengen Sinne ist. Mir sind
Grenzen gesetzt, und dem zusammengerafften Wissensdestilat mehrerer
Jahre des Studierens eines Anderen zu lauschen befähigt mich zwar
nicht, auf denselben Level von Wissen und Hintergrundwissen zu
kommen- dennoch habe ich einen guten Eindruck davon bekommen, um was
es geht.
Warum ich diesen Text schreibe:
Einmal, um allgemein das Schreiben zu
üben. Relativ locker aus dem Gedächtnis, aber auch unter
Zuhilfenahme von Notizen, die ich mir beim Hören machte,
wiederzugeben, was ich gelernt habe.
Zudem, um, ganz profan, das Tippen am
Laptop zu üben.
Mir schwant, dass mein zukünftiges Ich
auf seiner universitären Laufbahn viele Texte schreiben werden muss.
Von Anfang an schriftliches Referieren als Gewohnheit mitzubringen,
kann da nicht schädlich sein. Von der Schule her allein schreiben
wir viel zu wenig, eigentlich nur während der Klausuren. Wo also
kein Zwang von Außen kommt, setze ich mir brav selbst den Zwang auf.
Zuletzt glaube ich, dass man auf
verschiedene Weisen lernen kann, auf verschidenen Stufen und Leveln,
die bestimmen, wieviel vom Gelernten hängen bleibt, kurz- und
langfristig. Etwas zu lesen oder zu hören ist gut auf kurze Zeit.
Wenn man die neuen Infos aber nicht festhält, verflüchtigen sie
sich schneller. Mit einem anderen darüber zu kommunizieren festigt
Wissen im Vergleich viel besser. Vor anderen ein Referat halten zu
müssen, setzt einen einem viel größeren Druck aus, Informationen
ordentlich aufzubereiten.
Mein Leben ist ein täglicher Kampf gegen Desinteresse und Vergessen!
Mein Leben ist ein täglicher Kampf gegen Desinteresse und Vergessen!
In Ermangelung interessierter Ohren in
meiner nächsten Umgebung reicht jedoch auch die Verschriftlichung.
Zumindest theoretisch kann dieser Text anschließend zur Diskussion
gestellt werden. Letztlich ist dieses Unterfangen aber eher
unlustiger, egoistischer Natur.
2. Heute und Gestern
Zu Beginn stehen wir in der Gegenwart.
Die Moderne haben wir hinter uns gelassen. Wir leben in der
Postmoderne. Was heisst das? Was macht denn die Postmoderne aus?
Der alte Heidegger sagte mal etwas in
der Art von: "In der Veränderung des Wesens kommt das Sein zum
Vorschein" .
Halleluja! Das bedeutet, für sich alleine stehend ist nichts erklärend. Erst im Vergleich der Gegenwart zur Vergangenheit kann klarer werden, was die Gegenwart ausmacht.
Halleluja! Das bedeutet, für sich alleine stehend ist nichts erklärend. Erst im Vergleich der Gegenwart zur Vergangenheit kann klarer werden, was die Gegenwart ausmacht.
Daher rührt auch der ausgelutschte
Spruch, wer die Fehler der Vergangenheit nicht kenne, sei dazu
verdammt, sie zu wiederholen. Na ja. Fehler zu machen ist letztlich
unvermeidbar. Aber man senkt zumindest die Wahrscheinlichkeit,
bestimmte Fehler zu machen.
Ich selbst kann nur ein Bild davon machen, wer ich bin, indem ich mit anderen kommuniziere. And so forth
Ich selbst kann nur ein Bild davon machen, wer ich bin, indem ich mit anderen kommuniziere. And so forth
Um also zu verstehen, was die
Postmoderne ausmacht, müssen wir einen Schritt zurückmachen und herausfinden, wodurch sich die Postmoderne von der Moderne
unterscheidet.
Und dann müssen wir verstehen, was
denn die Moderne von der Vormoderne unterscheidet. So begründet sich
auch der große Rückblick auf mehrere Jahrtausende
Philosophiegeschichte.
Erst wenn dieser große Bogen gemacht
wurde, wird klar, wie die einzelnen Elemente zusammenhängen und
weshalb es Philosophie, so wie sie früher betrieben wurde, nicht
mehr gibt, und nicht mehr geben kann- und weshalb stattdessen in den
letzten Jahren Richtungen wie Sprachwissenschaften entstanden sind,
oder Cultural Studies, und Medienwissenschaften.
3.Postmoderne und Moderne
Poststrukturalismus ist so etwas wie die Philosophie der Postmoderne.
Der Poststrukturalismus ist nicht apodiktisch, das heisst, er ist
nicht darum bemüht, unumstößliche Wahrheiten zu finden. Eher ist
das Gegenteil der Fall. Wer meint, die Wahrheit gefunden zu habe, ist nach poststukturalistischer Denkweise ein höchstverdächtiger Kauz.
Poststrukturalismus ist keine feste Lehre, sondern eher eine Art zu
denken. Er liefert das geistige Rüstzeug, um bestehende Denksysteme
abzuklopfen und kritisch zu hinterfragen. Allem voran den
Wahrheitsanspruch von Denksystemen machte der Poststrukturalismus
zunichte, weshalb man ihm Werterelativismus vorwerfen kann. Aber dazu
kommen wir erst später.
Es gab ungefähr um die Zeit der 80er herum einen Epochenbruch, den
schrittweisen Übergang von der Moderne zur Postmoderne, der sich auf
breiter gesellschaftlicher Basis in vielfältigen Bereichen vollzog,
wie etwa Mode, Musik, Design, dem Fernsehprogramm oder Architektur.
Allen Änderungen in den verschiedenen Bereichen war ihre
Diskontinuität gemein. Das heisst zum Beispiel für die Musik, dass
auf den Pop die Punkmusik folgte. Auf einmal war es Hip, Klamotten zu
tragen, die verpönt waren, zerissene Jeans and so on. Aber dabei
blieb es nicht, denn sobald alle Punks ungefähr auf die gleiche
Weise herumliefen, traten Bands mit Anzug und Krawatte auf, um
wiederum die neue Norm in der eigenen Subkultur zu brechen. Mit
Normen zu brechen ist somit ein Merkmal des Epochenumbruchs und die
neue Norm.
Allgemein spürte man an allen Fronten ein Unbehagen gegenüber dem
rücksichtslosen Programm der Moderne, die ihren unbedingten
Fortschrittsglauben auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Der Fortschritt war also die Konstante der Moderne. Erst mit der
Moderne wurde Dynamik die Regel. Das die Welt im steten Wandel war,
wurde die immergleiche Gewissheit. Und die Zukunft sah rosig aus: alles würde immer besser werden. Wachstum ist super, und jem mehr Wachstum, desto besser das Leben.
Damit setzte sich die Moderne von der Vormoderne ab, welche eine
feste Welt hatte. In der Vormoderne gab es nicht die heutige
Vorstellung der Zukunft. Ein vormoderner Mensch hätte ganz
selbstverständlich angenommen, dass die Welt in tausend Jahren
ungefähr genauso beschaffen ist wie zu seinen Lebzeiten.
Den Stein der Dynamik ins Rollen gebracht hat auch der Buchdruck,
welcher etwa 1450 den Beginn der Neuzeit markiert.
Sonntag, 3. März 2013
Wie bildet man sich eigentlich eine eigene Meinung ?
Zu einem großen Teil bin ich selbst dafür verantwortlich, welche Themen durch meine Gehirnwindungen geistern.
Ich kann mich entscheiden, ob ich Zeitung lese oder nicht. Und wenn ja, welche Art von Zeitung ich lese. Welche Artikel ich mich entscheide zu lesen.
Dann werde ich mich mit Meinungen zu Themen konfrontiert, von denen ich zuvor nichts gehört habe. Mit neuen Themen werden neue Meinungen geliefert.
Ich habe dann erstmal eine Meinung zu einem Thema zur Hand. Dann kann ich weitere Artikel zum selben Thema lesen. Oder ich höre von anderer Seite mehr dazu. Ich höre, wie Freunde dazu stehen. Was die Friseurin um die Ecke dazu zu sagen hat.
Wie bilde ich mir schließlich die eigene Meinung?
Sieht es nicht oft so aus, als ob man sich nicht eine total originelle Meinung bildet, mit der man völlig alleine dasteht- sondern als ob man sich einfach eine Meinung aus dem Katalog zur Verfügung stehenden Meinungen aussucht?
Diese kann man dann etwas um-modeln, anpassen, verbiegen. Welche Meinung man schließlich wählt, hängt auch viel davon ab, welches Denksystem man sich im bisherigen Leben aufgebaut hat. Oder mit welchen Leuten man befreundet ist. Von wem man sich abgrenzen will...
Es ist also weniger ein Bilden der Meinung, sondern ein Aussuchen der zur Verfügung stehenden Meinungen.
Ich ziehe mich in der Weise an, in der ich mich wohlfühle. Und so suche ich mir auch Meinungen aus, mit denen ich mich gut fühle.
Wie das alles zustandekommt? Am Ende kann ich das nicht vollständig beantworten, denn dazu müsste ich mich komplett verstehen. Tue ich aber nicht.
Ich kann nur über das Denken denken. Mich fragen, wie Meinungsbildung funktionieren mag.
Allgemein glaube ich, ist es immer besser, mehr als wenige Meinungen zu jedem beliebigen Thema zu kennen.
Wenn man nur eine Meinung kennt, ist das der schlechteste Fall. Dem kann man universell mit der Frage "Kann das nicht auch anders sein?" den Boden unter den Füßen wegziehen.
Auch wenn es schwerfällt. Gerade unter alten Freunden passiert es leicht, dass die Gruppe sich in einer Meinung trifft.
Ich kann nur mit den Dingen arbeiten, die mir zur Verfügung stehen. Habe ich wenige Werkzeuge, kann ich nur weniger bauen. Darum halte ich es prinzipiell für ganz gut, sich mit möglichst vielen Dingen zu beschäftigen, seine Komfortzone des Gewohnten zu verlassen, neue Perspektiven kennenzulernen, um einen größeren Rahmen an wahlmöglichkeiten zu schaffen.
Ich kann mich entscheiden, ob ich Zeitung lese oder nicht. Und wenn ja, welche Art von Zeitung ich lese. Welche Artikel ich mich entscheide zu lesen.
Dann werde ich mich mit Meinungen zu Themen konfrontiert, von denen ich zuvor nichts gehört habe. Mit neuen Themen werden neue Meinungen geliefert.
Ich habe dann erstmal eine Meinung zu einem Thema zur Hand. Dann kann ich weitere Artikel zum selben Thema lesen. Oder ich höre von anderer Seite mehr dazu. Ich höre, wie Freunde dazu stehen. Was die Friseurin um die Ecke dazu zu sagen hat.
Wie bilde ich mir schließlich die eigene Meinung?
Sieht es nicht oft so aus, als ob man sich nicht eine total originelle Meinung bildet, mit der man völlig alleine dasteht- sondern als ob man sich einfach eine Meinung aus dem Katalog zur Verfügung stehenden Meinungen aussucht?
Diese kann man dann etwas um-modeln, anpassen, verbiegen. Welche Meinung man schließlich wählt, hängt auch viel davon ab, welches Denksystem man sich im bisherigen Leben aufgebaut hat. Oder mit welchen Leuten man befreundet ist. Von wem man sich abgrenzen will...
Es ist also weniger ein Bilden der Meinung, sondern ein Aussuchen der zur Verfügung stehenden Meinungen.
Ich ziehe mich in der Weise an, in der ich mich wohlfühle. Und so suche ich mir auch Meinungen aus, mit denen ich mich gut fühle.
Wie das alles zustandekommt? Am Ende kann ich das nicht vollständig beantworten, denn dazu müsste ich mich komplett verstehen. Tue ich aber nicht.
Ich kann nur über das Denken denken. Mich fragen, wie Meinungsbildung funktionieren mag.
Allgemein glaube ich, ist es immer besser, mehr als wenige Meinungen zu jedem beliebigen Thema zu kennen.
Wenn man nur eine Meinung kennt, ist das der schlechteste Fall. Dem kann man universell mit der Frage "Kann das nicht auch anders sein?" den Boden unter den Füßen wegziehen.
Auch wenn es schwerfällt. Gerade unter alten Freunden passiert es leicht, dass die Gruppe sich in einer Meinung trifft.
Ich kann nur mit den Dingen arbeiten, die mir zur Verfügung stehen. Habe ich wenige Werkzeuge, kann ich nur weniger bauen. Darum halte ich es prinzipiell für ganz gut, sich mit möglichst vielen Dingen zu beschäftigen, seine Komfortzone des Gewohnten zu verlassen, neue Perspektiven kennenzulernen, um einen größeren Rahmen an wahlmöglichkeiten zu schaffen.
Sonntag, 24. Februar 2013
Mind-Map STADTPLANUNG
Heute hörte ich zweihundertste Folge des grandiosen Podcasts CHAOS RADIO EXPRESS, zum Thema Stadtplanung. Was ich erst nebenbei hörte, wurde so spannend, dass ich erst Notizen machte und mich schließlich hinsetzte und eine Mindmap zur Folge zu zeichnen. Zur Folge geht´s HIER
FraGmeNt 1o
Man gibt anderen ein Bild von sich
Dann reflektieren die Anderen dieses Bild
Und sagen einem wie man ist
Und wird in der Vorstellung bestärkt wer man ist
selbst wenn das gar nicht stimmt
oder man nicht mehr derselbe ist
Dann reflektieren die Anderen dieses Bild
Und sagen einem wie man ist
Und wird in der Vorstellung bestärkt wer man ist
selbst wenn das gar nicht stimmt
oder man nicht mehr derselbe ist
Dienstag, 19. Februar 2013
Mind-Map LYRIK
Tja, auf dem Lehrplan des 4. Semesters sthet für den Deutsch-LK Lyrik, also habe ich in der Rückschau eine grobe Übersicht über die damit verbundenen Themen erstellt...
In zehn Jahren guck ich vielleicht nochmal drauf und denke mir: "Hach! Ach ja..."
Sonntag, 17. Februar 2013
KONSTRUKTIVISMUS : Mindmap für die 19. Folge des Soziopod
Ein komplexes Thema, aber in der Folge gut von Herr´n Breitenbach und Dr. Köbel angeknuspert.
Wärmste Buchempfehlung: Heinz von Foersters TEIL DER WELT
Zum Podcast geht´s HIER
Samstag, 16. Februar 2013
Fragment 9
Nichts ist leicht, nichts ist selbstverständlich. Ich bin nur ein Wurm. Mag sein, dass andere mit reicheren Gaben gesegnet sind; ich muss mir alles schrittweise erarbeiten. Denken alleine hilft nicht; dann denke ich solange, bis ich nicht mehr kann, müde werde und einschlafe.
Ich muss mir bewusst werden, wie ich über das Denken denke, auf welche Weise ich so und so denke, woher das kommt, und wie es weitergehen soll.
Lauter Fragmente. Ich fühle die Dringlichkeit, aber nicht die Pflicht, das Zeug irgendwie festzuhalten, mir in einer greifbaren Form immer wieder zu vergegenwärtigen, damit ich es nicht verliere.
Es gibt auch Schlummer, und das mag gar nicht so unbequem sein; es ist letztlich aber nur fliehen- Hinauszögern. "Man könnte"- "Hättest du doch"- "Du solltest"-"Lasst uns doch"- wohin gehen
Ich muss mir bewusst werden, wie ich über das Denken denke, auf welche Weise ich so und so denke, woher das kommt, und wie es weitergehen soll.
Lauter Fragmente. Ich fühle die Dringlichkeit, aber nicht die Pflicht, das Zeug irgendwie festzuhalten, mir in einer greifbaren Form immer wieder zu vergegenwärtigen, damit ich es nicht verliere.
Es gibt auch Schlummer, und das mag gar nicht so unbequem sein; es ist letztlich aber nur fliehen- Hinauszögern. "Man könnte"- "Hättest du doch"- "Du solltest"-"Lasst uns doch"- wohin gehen
Donnerstag, 14. Februar 2013
Fragment 8
(Brain-Level: Diffuses, salbungsvolles Gelabere)
Sprache, Denken, Lesen, Bücher
Wie schon einmal gesagt, wir denken in unserer Sprache. Oder in Sprachen, die wir über die Muttersprache hinaus lernen. Was wir nicht sagen können, können wir nicht denken. Fühlen ja, ausdrücken nein. Was wir nicht in Worte formulieren können, können wir anderen nicht verständlich machen. Und wir können es uns selbst nicht verständlich machen.
Bücher sind wichtig!
Besonders die Bücher, die man nicht ohne weiteres versteht. Da gibt es Sachtexte, wissenschaftliche Bücher und so weiter- aber für das Grundlegendste sind vielleicht diese Bücher am wichtigsten, die Geschichten erzählen.
Ich behaupte, dass ich, ohne als Spezialist in einem Bereich unterwegs zu sein, ohne akademische Vorbildung, als Mensch von einem Roman grundlegend mehr lernen kann als von einem wissenschaftlichen Fachbuch oder einem philosophischen Grundwerk.
Ich glaube, die "Buddenbrooks" gelesen zu haben, kann einen größeren Eindrück hinterlassen als sich durch Kants "Kritiken" zu kämpfen.
Weil der Roman eine Geschichte erzählt, oder die Botschaften des Autors in Geschichten verpackt, und so zugänglicher macht. Texte, die reine Botschaft sind, vollkommen schnörkellos, sind natürlich auch wichtig. Aber man wird die Kritiken nicht einfach so lesen können- da braucht man Sekundärliteratur, man braucht Leute, mit denen man über die Texte redet und so weiter.
Mit einem Roman ist es leichter, obwohl es da auch Unterschiede zwischen schwereren und leichteren Werken gibt. Ein Zugang ist immer leichter, wenn man in irgendeiner Form etwas von sich selbst in den Romanfiguren sehen kann.
Thomas Manns "Zauberberg" etwa mag ich so gerne, weil ich das Gefühl der Weltflucht, die das ganze Buch durchzieht, kenne. Es ist verlockend, sich von dem ganzen Trubel des Alltags zurückzuziehen und sich auf einem hochgelegenen Kurort auf unbestimmte Zeit hin zu erholen, wegzufliehen.
Herman Hesses "Steppenwolf" habe ich zu der richtigen Zeit gelesen, es machte mir bewusster, wie viele unterschiedliche Gesichter ich habe. Und so weiter.
Es gibt zugänglichere Werke. Dann gibt Romane, die sich nicht ohne weiteres erschließen. Schafft man es, eine Barriere zu überwinden, die zwischen einem selbst und dem Werk steht, zu überwinden, hat man sich selbst ein bisschen weiterentwickelt.
Es kann passieren, dass man liest, und nicht versteht. Da habe ich hundert, zweihundert Seiten oder mehr gelesen und nichts bleibt hängen. Nichts ist leicht. Es gibt die zugänglichen Geschichten, die mich ohne Mühe bei der Hand nehmen und mir zeigen: Schau, das ist ein Teil der Welt, und das ist ein Teil der Leute um dich herum, und ein Teil von dir selbst.
Die weniger zugänglichen Geschichten, um die man kämpfen muss, deren Zugang man sich erarbeiten muss, haben auch ihre Wichtigkeit. Warum verstehe ich einen bestimmten Roman nicht? Woran liegt es, dass ich den Zugang nicht finde? Eigentlich nur daran, dass ich nicht die Verbindung sehe. Aber es gibt immer eine Verbindung.
Sobald ich für mich verstehe, warum eine Geschichte interessant ist, kann ich Aufmerksamkeit entwickeln. Dann macht es Klick, eine Barriere wird überwunden, und neue Charaktere halten Einzug in den Geist. Figuren, die stellvertretend für Lebenswege, für mögliches gelebtes Leben stehen.
Sprache, Denken, Lesen, Bücher
Wie schon einmal gesagt, wir denken in unserer Sprache. Oder in Sprachen, die wir über die Muttersprache hinaus lernen. Was wir nicht sagen können, können wir nicht denken. Fühlen ja, ausdrücken nein. Was wir nicht in Worte formulieren können, können wir anderen nicht verständlich machen. Und wir können es uns selbst nicht verständlich machen.
Bücher sind wichtig!
Besonders die Bücher, die man nicht ohne weiteres versteht. Da gibt es Sachtexte, wissenschaftliche Bücher und so weiter- aber für das Grundlegendste sind vielleicht diese Bücher am wichtigsten, die Geschichten erzählen.
Ich behaupte, dass ich, ohne als Spezialist in einem Bereich unterwegs zu sein, ohne akademische Vorbildung, als Mensch von einem Roman grundlegend mehr lernen kann als von einem wissenschaftlichen Fachbuch oder einem philosophischen Grundwerk.
Ich glaube, die "Buddenbrooks" gelesen zu haben, kann einen größeren Eindrück hinterlassen als sich durch Kants "Kritiken" zu kämpfen.
Weil der Roman eine Geschichte erzählt, oder die Botschaften des Autors in Geschichten verpackt, und so zugänglicher macht. Texte, die reine Botschaft sind, vollkommen schnörkellos, sind natürlich auch wichtig. Aber man wird die Kritiken nicht einfach so lesen können- da braucht man Sekundärliteratur, man braucht Leute, mit denen man über die Texte redet und so weiter.
Mit einem Roman ist es leichter, obwohl es da auch Unterschiede zwischen schwereren und leichteren Werken gibt. Ein Zugang ist immer leichter, wenn man in irgendeiner Form etwas von sich selbst in den Romanfiguren sehen kann.
Thomas Manns "Zauberberg" etwa mag ich so gerne, weil ich das Gefühl der Weltflucht, die das ganze Buch durchzieht, kenne. Es ist verlockend, sich von dem ganzen Trubel des Alltags zurückzuziehen und sich auf einem hochgelegenen Kurort auf unbestimmte Zeit hin zu erholen, wegzufliehen.
Herman Hesses "Steppenwolf" habe ich zu der richtigen Zeit gelesen, es machte mir bewusster, wie viele unterschiedliche Gesichter ich habe. Und so weiter.
Es gibt zugänglichere Werke. Dann gibt Romane, die sich nicht ohne weiteres erschließen. Schafft man es, eine Barriere zu überwinden, die zwischen einem selbst und dem Werk steht, zu überwinden, hat man sich selbst ein bisschen weiterentwickelt.
Es kann passieren, dass man liest, und nicht versteht. Da habe ich hundert, zweihundert Seiten oder mehr gelesen und nichts bleibt hängen. Nichts ist leicht. Es gibt die zugänglichen Geschichten, die mich ohne Mühe bei der Hand nehmen und mir zeigen: Schau, das ist ein Teil der Welt, und das ist ein Teil der Leute um dich herum, und ein Teil von dir selbst.
Die weniger zugänglichen Geschichten, um die man kämpfen muss, deren Zugang man sich erarbeiten muss, haben auch ihre Wichtigkeit. Warum verstehe ich einen bestimmten Roman nicht? Woran liegt es, dass ich den Zugang nicht finde? Eigentlich nur daran, dass ich nicht die Verbindung sehe. Aber es gibt immer eine Verbindung.
Sobald ich für mich verstehe, warum eine Geschichte interessant ist, kann ich Aufmerksamkeit entwickeln. Dann macht es Klick, eine Barriere wird überwunden, und neue Charaktere halten Einzug in den Geist. Figuren, die stellvertretend für Lebenswege, für mögliches gelebtes Leben stehen.
Mittwoch, 13. Februar 2013
Mind-Map für den 25. Soziopod: GESCHLECHT UND MACHT- IMMER NOCH DAS ALTE SPIEL?
Eine sehr erhellende Folge, die fernab von allem Stammtisch-Gelaber die Thematik des modernen Feminismus behandelt!
Hier geht´s zum Soziopod!
Montag, 11. Februar 2013
Benedikt geht nach Hause
Okay, also gestern kündigte der Papst an, Ende des Monats zurückzutreten.
Es wird noch vieles dazu geschrieben werden, verschiedene Meinungen dargestellt. Sofort werden viele Witze gemacht, die einem fast schon über sind, bevor man sie überhaupt gehört hat, da man sich vorstellen kann, in welche Richtungen sie gehen.
Im selben Monat tritt Deutschlands Bildungsministerin Schavan zurück, gemein haben beide nur, dass sie Deutsche sind. Ansonsten tritt Schavan aus Äußerem Druck zurück, auch auf Druck von oben- der Papst hat prinzipiell über sich nur einen Boss, mit dem ein direktes Gespräch allerdings eher schwer zu finden ist. Stattdessen ist sein Rücktritt, wenn so alles stimmt, was man hört, in der Tat völlig freiwillig, eine autonome Entscheidung, mit der so gut wie niemand rechnete, auch nicht im Vatikan.
Ich lebte eine Weile in Regensburg und ging manchmal am Wohnhaus des Papstes vorbei. Ich lebte auch ein paar Monate im Paulusheim für Studenten, kurz bevor es abgerissen wurde, wo Ratzinger lange Zeit bevor er Papst wurde, manche Messe hielt und eine Freundschaft mit dem damaligen Heimleiter Pater Martin unterhielt.
Mittwochs war Bibel-Abend. Ich und zwei, drei andere Studenten unterhielten uns dann über Gott und die Welt mit Pater Martin bei einem gemütlichen Bier. Da hat er auch von Benedikt erzählt.
Und jetzt ist seine Zeit als Papst gewählterweise vorbei.
Der etwas hämische Gedanke drängt sich auf, ob sein Rücktritt die größte Tat sein wird, an die sich die Nachwelt erinnert?
Denn ansonsten fällt mir spontan zumindest nichts positives ein, was ich mit dem letzten Papst verbinde, ausser dem Festhalten an teilweise antiquitierte Regeln.
Ob es naivere Leute gab, die sich einen Papst der Reform wünschten, als Ratzinger den Titel bekam?
Aber wie fair ist es, den Inhaber dieser Rolle solche Eigenschaften zuzusprechen? Wie möglich ist es, als Papst tatsächlich Dinge zu ändern, die seit unheimlich langer Zeit so gehalten werden?
Ich erinnere mich bei diesem Fall an Herman Hesses "Glasperlenspiel", in dessen Ende der Magister Thomas, an die Spitze der Ordnungshierarchie der Glasperlenspieler angekommen, sich auch zum Rücktritt entscheidet. Er tat es, weil er merkte, dass je weiter er nach oben vorrückt, immer weniger Spielraum für sich selbst hat, immer mehr Regeln befolgen muss. Die höhere Hierachie bedeutet dann immer größeres Erstarren und Zurücknehmen der Person, welche stattdessen immer mehr die Regeln einer Ordnung, die ihr zugrundeliegenden Werte präsentiert.
Es ist sicher naiv, sich von einem Papst zu wünschen, dass er Reformen bringe. Aber das ist, wie wenn ich mir von einem Schneemann wünsche, dass er mir die Füße wärmt.
Vielleicht hätte Ratzinger als Mensch in vielen Dingen anders gehandelt, konnte es als Papst aber schlichtweg nicht tun.
Wäre ein Papst reformativ, wäre er kein Papst mehr. Vielleicht. Ganz plötzlich würde er überraschend nachts am Kissen ersticken, sobald er für Kondome in Afrika ist, oder so.
Bevor man in der Rolle als Papst also überhaupt irgendetwas an dem verstaubten Regelkatalog der Kirche rütteln kann, muss die ganze uralte Hierachie durchgerüttelt werden.
Es wird noch vieles dazu geschrieben werden, verschiedene Meinungen dargestellt. Sofort werden viele Witze gemacht, die einem fast schon über sind, bevor man sie überhaupt gehört hat, da man sich vorstellen kann, in welche Richtungen sie gehen.
Im selben Monat tritt Deutschlands Bildungsministerin Schavan zurück, gemein haben beide nur, dass sie Deutsche sind. Ansonsten tritt Schavan aus Äußerem Druck zurück, auch auf Druck von oben- der Papst hat prinzipiell über sich nur einen Boss, mit dem ein direktes Gespräch allerdings eher schwer zu finden ist. Stattdessen ist sein Rücktritt, wenn so alles stimmt, was man hört, in der Tat völlig freiwillig, eine autonome Entscheidung, mit der so gut wie niemand rechnete, auch nicht im Vatikan.
Ich lebte eine Weile in Regensburg und ging manchmal am Wohnhaus des Papstes vorbei. Ich lebte auch ein paar Monate im Paulusheim für Studenten, kurz bevor es abgerissen wurde, wo Ratzinger lange Zeit bevor er Papst wurde, manche Messe hielt und eine Freundschaft mit dem damaligen Heimleiter Pater Martin unterhielt.
Mittwochs war Bibel-Abend. Ich und zwei, drei andere Studenten unterhielten uns dann über Gott und die Welt mit Pater Martin bei einem gemütlichen Bier. Da hat er auch von Benedikt erzählt.
Und jetzt ist seine Zeit als Papst gewählterweise vorbei.
Der etwas hämische Gedanke drängt sich auf, ob sein Rücktritt die größte Tat sein wird, an die sich die Nachwelt erinnert?
Denn ansonsten fällt mir spontan zumindest nichts positives ein, was ich mit dem letzten Papst verbinde, ausser dem Festhalten an teilweise antiquitierte Regeln.
Ob es naivere Leute gab, die sich einen Papst der Reform wünschten, als Ratzinger den Titel bekam?
Aber wie fair ist es, den Inhaber dieser Rolle solche Eigenschaften zuzusprechen? Wie möglich ist es, als Papst tatsächlich Dinge zu ändern, die seit unheimlich langer Zeit so gehalten werden?
Ich erinnere mich bei diesem Fall an Herman Hesses "Glasperlenspiel", in dessen Ende der Magister Thomas, an die Spitze der Ordnungshierarchie der Glasperlenspieler angekommen, sich auch zum Rücktritt entscheidet. Er tat es, weil er merkte, dass je weiter er nach oben vorrückt, immer weniger Spielraum für sich selbst hat, immer mehr Regeln befolgen muss. Die höhere Hierachie bedeutet dann immer größeres Erstarren und Zurücknehmen der Person, welche stattdessen immer mehr die Regeln einer Ordnung, die ihr zugrundeliegenden Werte präsentiert.
Es ist sicher naiv, sich von einem Papst zu wünschen, dass er Reformen bringe. Aber das ist, wie wenn ich mir von einem Schneemann wünsche, dass er mir die Füße wärmt.
Vielleicht hätte Ratzinger als Mensch in vielen Dingen anders gehandelt, konnte es als Papst aber schlichtweg nicht tun.
Wäre ein Papst reformativ, wäre er kein Papst mehr. Vielleicht. Ganz plötzlich würde er überraschend nachts am Kissen ersticken, sobald er für Kondome in Afrika ist, oder so.
Bevor man in der Rolle als Papst also überhaupt irgendetwas an dem verstaubten Regelkatalog der Kirche rütteln kann, muss die ganze uralte Hierachie durchgerüttelt werden.
Dienstag, 5. Februar 2013
Gedankensuppe und Kant-Speck
Die Menschheit im Ganzen häuft nicht einfach nur immer mehr Wissen an.
Wenn wir etwas lernen, rekonstruieren wir das Gelernte ebenso wie Erinnerungen von Erlebnissen.
Darum vergesse ich Dinge, oder kann sie nur noch bruchstückhaft wiedergeben. Oder, was sich kaum vermeiden lässt, gebe ich das Gelernte mehr oder weniger verzerrt wieder.
Vergeht noch mehr Zeit, kann es passieren, dass sich übriggebliebene Wissensfragmente des früher Gelernten mit anderem Wissen vermischen.
So passiert es, dass man Dinge durcheinanderbringt. Man dichtet einen Gedanken jemanden an, der ihn gar nicht äußerte, weil man denkt, dass dieser Gedanke zu der Denkweise dieser Person gehört- dabei stammt der Gedanke tatsächlich von jemand Anderem.
Mein Hirn ist voll von solchen Fragmenten. Vieles wird vergessen... Letztens las ich etwas über den Aufbau von Neuronen und dachte, dass mir das neu sei. Später blätterte ich dann in alten Mindmaps und sah, dass ich über genau dieses Thema vor einigen Jahren in einem anderen Buch las. Nur diesmal nicht in Heinz von Foersters "Teil der Welt", sondern, glaube ich, Watzlawick´s "Die erfundene Wirklichkeit". Beide Bücher zumindest geistig mit dem Konstruktivismus verwandt.
Ich glaube, dass ein ganz großer Teil dessen, was wir zu wissen glauben, ein riesiger Mischmasch aus verschiedenen Fragmenten ist. Viel Wissen ist auch mehr oder minder ins "kollektive Unterbewusste" gesickert. Man kann auf die Steaße gehen und einem Fremden sagen :
" Hey, es gibt keine objektive Welt. Du konstruierst dir deine Welt. Du siehst etwas, nicht, weil es so ist, wie du es siehst, sondern weil deine Sinnesorgane so und so geartet sind, dass du etwas auf diese Weise siehst."
Man wird vielleicht komisch angeguckt, weshalb man mit so einem Kram ankommt... aber man wird wohl nicht absolutes Erstaunen oder Entsetzen ob der schockierenden Nachricht beim Anderen auslösen.
Ich glaube, viele haben zumindest eine ungefähre Ahnung davon, dass sich Menschen bereits Gedanken darüber machten, ob unsere Wahrnehmung wirklich so objektiv ist, wie man es noch vor einigen hundert Jahren annahm.
Nur ist nicht jedem bewusst, wer diese neue Sichtweise, dass das Subjekt seine Welt durch die Wahrnehmung konstruiert, so genau auf den Punkt brachte. Das war nämlich der Kant. Der die kopernikanische Wende in der Philosophie brachte, indem er das Subjekt in den Fokus stellte, statt der Welt. Ab Kant nahm man die Welt nicht mehr als unerschütterliche, objektive Wahrheit hin. Ab Kant wurde ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass wir die Welt nurt wahrnehmen, aber nicht in ihrer echten Form abbilden. Wir sehen Farben nur aufgrund der Art, wie unser Hirn und unsere Augen beschaffen sind.
Nun haben seit Kant viele Leute seine Haltung nachgelesen oder wurden durch sie beeinflusst . Einige wurden ganz bewusst davon beeinflusst. Jeder, der Philosophie studierte, würde ich sagen. Aber ganz viele, die Kant nicht so recht kennen, haben aber doch irgendwie schon eine Ahnung davon, was mit seiner kopernikanischen Wende gemeint ist. Weil Wissen einen "Trickle-Down"-Effekt auf die Gesellschaft hat.
Auch wenn man kein Gelehrter ist, bekommt man etwas mit von den großen Denkrichtungen.
Die meisten haben eine Ahnung oder Halbwissen über Psychoanalyse. "Ödipus-Komplex", alles klar. Viele wissen, das der Begründer der Psychoanalyse Freud ist. Andere wissen es nicht, kennen aber doch mittlerweile geläufige Ausdrücke wie "Unterbewusstsein". Vor ein paar hundert Jahren hat man das Unterbewusstsein noch nicht erfunden. Mittlerweile ist es Teil des Allgemeinwissens, dass es eine Theorie gibt, die behauptet, dass es neben der bewussten Seite des Geistes noch eine größere, unbewusste Seite gibt.
Darum schwimmt man, wenn man ahnungslos ist, durch eine gesellschaftliche Gedankensuppe mit verkochten Wissensbrocken aus allen möglichen Lehren. Aber das alles sind keine Wahrheiten, sondern Ergebnisse und Theorien von Menschen, die mal lebten oder noch leben. Man kann sich mehr Klarheit verschaffen, wenn man zurückverfolgt, welches Wissen von wem stammt, und wie diese Personen vom Wissen anderer Personen wiederum beeinflusst wurden.
Wenn wir etwas lernen, rekonstruieren wir das Gelernte ebenso wie Erinnerungen von Erlebnissen.
Darum vergesse ich Dinge, oder kann sie nur noch bruchstückhaft wiedergeben. Oder, was sich kaum vermeiden lässt, gebe ich das Gelernte mehr oder weniger verzerrt wieder.
Vergeht noch mehr Zeit, kann es passieren, dass sich übriggebliebene Wissensfragmente des früher Gelernten mit anderem Wissen vermischen.
So passiert es, dass man Dinge durcheinanderbringt. Man dichtet einen Gedanken jemanden an, der ihn gar nicht äußerte, weil man denkt, dass dieser Gedanke zu der Denkweise dieser Person gehört- dabei stammt der Gedanke tatsächlich von jemand Anderem.
Mein Hirn ist voll von solchen Fragmenten. Vieles wird vergessen... Letztens las ich etwas über den Aufbau von Neuronen und dachte, dass mir das neu sei. Später blätterte ich dann in alten Mindmaps und sah, dass ich über genau dieses Thema vor einigen Jahren in einem anderen Buch las. Nur diesmal nicht in Heinz von Foersters "Teil der Welt", sondern, glaube ich, Watzlawick´s "Die erfundene Wirklichkeit". Beide Bücher zumindest geistig mit dem Konstruktivismus verwandt.
Ich glaube, dass ein ganz großer Teil dessen, was wir zu wissen glauben, ein riesiger Mischmasch aus verschiedenen Fragmenten ist. Viel Wissen ist auch mehr oder minder ins "kollektive Unterbewusste" gesickert. Man kann auf die Steaße gehen und einem Fremden sagen :
" Hey, es gibt keine objektive Welt. Du konstruierst dir deine Welt. Du siehst etwas, nicht, weil es so ist, wie du es siehst, sondern weil deine Sinnesorgane so und so geartet sind, dass du etwas auf diese Weise siehst."
Man wird vielleicht komisch angeguckt, weshalb man mit so einem Kram ankommt... aber man wird wohl nicht absolutes Erstaunen oder Entsetzen ob der schockierenden Nachricht beim Anderen auslösen.
Ich glaube, viele haben zumindest eine ungefähre Ahnung davon, dass sich Menschen bereits Gedanken darüber machten, ob unsere Wahrnehmung wirklich so objektiv ist, wie man es noch vor einigen hundert Jahren annahm.
Nur ist nicht jedem bewusst, wer diese neue Sichtweise, dass das Subjekt seine Welt durch die Wahrnehmung konstruiert, so genau auf den Punkt brachte. Das war nämlich der Kant. Der die kopernikanische Wende in der Philosophie brachte, indem er das Subjekt in den Fokus stellte, statt der Welt. Ab Kant nahm man die Welt nicht mehr als unerschütterliche, objektive Wahrheit hin. Ab Kant wurde ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass wir die Welt nurt wahrnehmen, aber nicht in ihrer echten Form abbilden. Wir sehen Farben nur aufgrund der Art, wie unser Hirn und unsere Augen beschaffen sind.
Nun haben seit Kant viele Leute seine Haltung nachgelesen oder wurden durch sie beeinflusst . Einige wurden ganz bewusst davon beeinflusst. Jeder, der Philosophie studierte, würde ich sagen. Aber ganz viele, die Kant nicht so recht kennen, haben aber doch irgendwie schon eine Ahnung davon, was mit seiner kopernikanischen Wende gemeint ist. Weil Wissen einen "Trickle-Down"-Effekt auf die Gesellschaft hat.
Auch wenn man kein Gelehrter ist, bekommt man etwas mit von den großen Denkrichtungen.
Die meisten haben eine Ahnung oder Halbwissen über Psychoanalyse. "Ödipus-Komplex", alles klar. Viele wissen, das der Begründer der Psychoanalyse Freud ist. Andere wissen es nicht, kennen aber doch mittlerweile geläufige Ausdrücke wie "Unterbewusstsein". Vor ein paar hundert Jahren hat man das Unterbewusstsein noch nicht erfunden. Mittlerweile ist es Teil des Allgemeinwissens, dass es eine Theorie gibt, die behauptet, dass es neben der bewussten Seite des Geistes noch eine größere, unbewusste Seite gibt.
Darum schwimmt man, wenn man ahnungslos ist, durch eine gesellschaftliche Gedankensuppe mit verkochten Wissensbrocken aus allen möglichen Lehren. Aber das alles sind keine Wahrheiten, sondern Ergebnisse und Theorien von Menschen, die mal lebten oder noch leben. Man kann sich mehr Klarheit verschaffen, wenn man zurückverfolgt, welches Wissen von wem stammt, und wie diese Personen vom Wissen anderer Personen wiederum beeinflusst wurden.
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