Die Risikogesellschaft - Teil 1
Dies ist eine kurze Zusammenfassung des
ersten Teils von dem Buch "Risikogesellschaft- Auf dem Weg in
eine andere Moderne". Autor ist der Soziologe Ulrich Beck. Die
Riskogesellschaft erschien 1986 und gehört zu den bestverkauften
Werken der Soziologie. An manchen Aspekten nagte mittlerweile der
Zahn der Zeit, aber allgemein ist Beck´s Hauptwerk auch in der
heutigen Zeit von einiger Wichtigkeit.
Dafür, dass ich hier und da vom Text
abschweifen und meinen eigenen Gedanken folgen werde, entschuldige
ich mich im voraus.
Nach Beck gibt es in Deutschland und
den anderen Industrienationen einen Paradigmenwechsel von der Mangel-
zur Riskogesellschaft.
In Industriegesellschaften, die Anfangs
Mangelgesellschaften waren, gilt das Paradigma der
Reichtumsverteilung.
Dem steht das Paradigma der
Risikoverteilung in der Risikogesellschaft gegenüber.
Es gibt Mangel, der Bedürfnisse
schafft. Diese müssen befriedigt werden, weshalb Produkte geschaffen
werden. Industrie und Technologie entwickelt sich weiter.
Wenn die Mängel zwar nicht vollends
verschwunden sind, aber soweit eingeschränkt wurden, dass in der
Gesellschaft genug Zeit übrig bleibt, um über anderes als
Produktion nachzudenken, stellt sich ein Bewusstseinswandel auf
breiter Basis ein.
Die moderne Gesellschaft produziert mit
ihren Gütern auch immer Risiken vielfältiger Form, etwa neue
soziale Ungleichheiten, aber vor allem Belastungen für die Umwelt
durch Verbreitung von Schadstoffen, die nicht nur Natur und Tieren
schaden, sondern auch dem Endkonsumenten Mensch.
Das Paradigma der Risikogesellschaft
behandelt, wie Risken wegverteilt, verharmlost, verhindert,
dramatisiert oder kanalisiert werden. Das dahinterliegende Ziel ist,
den Modernisierungsprozess nicht zu behindern.
Die Modernisierung wird reflexiv. Das
heisst, dass man nicht mehr unreflexiv das Wachstum ankurbelt,
sondern beginnt zu hinterfragen, welche möglichen Gefahren dieser
Prozess generiert. Skeptizismus stellt sich ein.
Die rauchenden Schlote einer Fabrik
sind nicht mehr wie zuvor nur das Symbol für eine funktionierende
Wirtschaft und der Bereitstellung von Arbeitsplätzen, sondern auch
Ausgang für Schadstoffe, die mit dem Regen wieder auf die Erde
treffen, ins Grundwasser sickern, von Menschen aufgenommen werden.
Dass man die Schlote dann möglichst
hoch baut, damit die Schadstoffe nicht auf die Stadt in der direkten
Umgebung niedergehen, ist höchstens eine kurzfristige Lösung des
Problems.
Letztlich ist jeder von Risiken
betroffen, und auch die Produzenten der Risiken werden letztlich von
ihnen eingeholt. Das nennt Beck den Bumerang-Effekt. Dieser
Bumerang-Effekt sprengt, da Risiko schichtenunabhängig jeden
betrifft, das Klassenschema.
In der sogenannten Dritten Welt
herrscht nach wie vor allein das Paradigma der Reichtumsverteilung.
Die offensichtliche materielle Not der Bevölkerung wird als
Rechtfertigung von mangelhaften Schutzvorkehrungen etwa der
Arbeiterschaft benutzt.
Die Abwasser einer Fabrik können da
ins Grundwasser fließen, was toleriert wird, wo diese Fabrik doch
wichtige Arbeitsplätze verschafft. Arbeitsplätze, die zum Überleben
wichtiger sind als sauberes Leitungswasser. Die Verschmutzung und
Belastung der Gesundheit wird als notwendiges Opfer gesehen, um den
im vergleich wichtigeren Lohn des Wachstums zu genießen.
Die Bevölkerung ist in weiten Kreisen
nicht über die sie umgebenden Risiken aufgeklärt. So ist es ein
alltäglicher Anblick, in 3.Welt-Ländern Bauern zu sehen, die ohne
Schutzkleidung oder Atemmaske literweise giftigen Dünger per Hand
über ihre Felder versprühen.
Deutschland heute steht zwischen beiden
Gesellschaften, obwohl es viel mehr Risikogesellschaft als
Mangelgesellschaft ist.
Das kann man sagen, da es immer noch
Mangel in Deutschland gibt, und in gewisser Weise wohl auch immer
geben wird. Dabei ist jedoch die Qualität des Mangels von Bedeutung,
die sich klar von der in einem Dritte-Welt-Land unterscheidet.
So gibt es in Deutschland keine
absolute Armut mehr, die das physische Überleben unmöglich macht.
Als Obdachloser lebt es sich nicht
leicht, aber zumindest kann man davon ausgehen, dass man als solcher
nicht verhungern wird oder es keinerlei Möglichkeit gibt, zumindest
kurzfristig ein Dach über dem Kopf zu finden, sofern das überhaupt
angestrebt wird (wer lange auf der Straße lebt, entscheidet sich
häufig gegen ein langfristiges Obdach, da dieses als beengend
empfunden wird).
Dann unterscheidet sich der neue
Riskobegriff vom alten. Risko hat es auch früher gegeben. Dieses war
allerdings wahrnehmbar. Etwa der Gestank in Städten, die keine
funktionierende Kanalisation hatten.
Ebenso lag das Risiko der Armut auf der
Hand, oder, weniger weit zurückliegend und immer noch gültig, das
Qualifikationsrisiko, nicht die richtige Ausbildung/Schulbildung zu
genießen und danach als Arbeitsloser zu enden.
Die neuen Risiken entziehen sich der
unmittelbaren Wahrnehmung. Schadstoffe in der Luft sind unsichtbar.
Diese Risken stellen sich nur im Wissen um sie her. Wovon man zuvor
nicht wusste, existierte in der eigenen, wahrgenommenen Welt auch
nicht. In diesem Sinne geht man in der Riskogesellschaft
konstruktivistisch vor.
Existent werden Risiken nur, wenn sie
die Diskurslandschaft betreten. Worüber man nicht spricht, existiert
nicht. Ebenso kann das Risko nur im Diskurs verändert werden.
In der Riskodefinition spielen die
Medien eine Schlüsselrolle.
Im Sinne des investigativen
Journalismus werden Skandale der Riskoproduktion aufgedeckt,
zumindest idealerweise.
Im Diskurs um Risiken teilen Vertreter
der Medien das Feld mit Produzenten, die Experten anheuern, um die
Aussagen von Gegenexperten zu entkräften, deren Behauptungen, wenn
sie sich als wahr herausstellen, zu einem Schrumpfen oder Umstellen
der Produktion führen müssten. Als Akteur ist natürlich auch die
Öffentlichkeit zu nennen, deren Meinung das politische und
wirtschaftliche Handeln beeinflusst.
Das Problem an etwas, was man nicht
wahrnehmen kann, ist, dass man niemals sicher wissen kann, welche
Aussagen darüber wahr oder falsch sind. Ein anderer Aspekt von der
neuen Art von Risiken ist, dass sie übernational gelten und somit
global jeden betreffen. Viel Aufsehen und anschließende politische
und wirtschaftliche Maßnahmen zog die Feststellung des Klimawandels
und der darauf aufbauenden, für viele besorgnisserregenden Prognosen
für die Umwelt, auf sich.
Aber für jene Experten, die sich für
eine Reduzierung der CO2-Ausstöße einsetzen, kommen auch
Gegenstimmen anderer wissenschaftlicher Experten, die die Umstände
verharmlosen und meinen, dass alles nicht so schlimm sei. Es gibt
auch von CO2-produzierenden Industrien angestellte PR-Männer, die
aktiv gegen die "Panikmache" des angeblich so schlimmen
Klimawandels vorgehen.
Es herrscht also ein fortdauernder
Kampf um Meinungen, geführt mit dem Instrument der Sprache.
Wer erscheint am glaubwürdigsten? Wer
hat die besseren Argumente, die zuverlässigeren Daten?
Dabei gibt es viel Unklarheit.
Allgemein herrscht in der modernen Welt ein hohes Vertrauen in
wissenschaftlichem Vorgehen. Aber wie wahrheitshaltig kann diese
Wissenschaftlichkeit letztlich sein?
Eine beliebige Statistik etwa, mit
wissenschaftlichen Methoden erhoben, erklärt sich niemals selbst,
sondern kann, je nach Kontext, so oder so interpretiert werden und
somit unterschiedliche Aussagen repräsentieren.
Eine andere Gefahr ist, nicht zu
wissen, wie Erhebungen überhaupt zustande kamen, welche Methode
ihnen zugrunde liegt.
In der Ermessung globaler Armut etwa
wird festgestellt, dass weniger Menschen als ein paar Jahre zuvor
unter Armut leiden. Die anhängende Interpretation ist, dass unterm
Strich alles immer besser wird .
Was zu hinterfragen ist, wo die Grenze
zu Armut gezogen wird. An der Kategorisierung zu schrauben bedeutet
in dem Fall, Ergebnisse zu beschönigen, indem man die Messlatte, ab
wann man global als arm zu gelten hat, niedriger setzt.
Ein anderes Beispiel für die
Problematik von zuverlässiger Aussagekraft für große
Datenerhebungen ist das BIP, welches wirtschaftliches Wachstum messen
soll. In letzer Zeit stand es in der Kritik, nur unzureichende
Kategorien einzubinden. Es gibt Vorschläge, zum Messen von
Lebensqualität in einem Land nicht nur dessen wirtschaftliches
Wachstum zu berücksichtigen, sondern auch Kategorien wie den Stand
der Bildung oder Nachhaltigkeit hinzuzuziehen.
Also kann man sich kaum nach Wahrheiten
richten, sondern sich nur für Wahrscheinlichkeiten entscheiden.
Wichtig ist, sich immer zu fragen,
welches Interesse die Überbringer von Informationen verfolgen, wie
sie bei dem Sammeln von Wissen vorgingen, was die Quellen sind, oder
für wen sie arbeiten.
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