Poststrukturalismus 2
4.Aufklärung
Ende des 18. Jahrhunderts kommt es zur Aufklärung.
In ihr wird der Mensch aufgeklärt über die von ihm selbst
geschaffenen Restraints, den Widrigkeiten,Fesseln, Barrieren, die ihn in seiner Freiheit beschränken.
Nachdem sich der Mensch über diese von ihm selbst geschaffenen Barrieren
bewusst wurde, setzt er sich über sie hinweg.
In der vormodernen Welt hielten die Machthaber die
Restraints in der Hand. Ihre Rechtfertigung, die Legitimation ihrer Macht, lag
im Verweis zu göttlicher Authentifizierung.
Aus diesem Grund kann man die islamische Welt innerhalb
dieser Sichtweise als immer noch vormodern bezeichnen.
Der Chef der Aufklärung ist Kant.
Vorarbeit wiederum
hat Descartes geleistet, indem er eine Existenzbegründung von sich selbst ohne
Gott schuf:
"Ich denke, also bin ich"
Dadurch wurde Gott zu einer bloßen Möglichkeit degradiert.
Zuvor wurde er in der Denkweise der Menschen als Tatsache gehandelt. Gott schuf
den Menschen, darum existierten die Menschen. Durch Descartes wurde das anders.
Von da an war Gott nur noch eine Möglichkeit, aber keine Notwendigkeit. Der
Mensch existierte, weil er dachte.
Natürlich dachte mit Eintreten des Gedankens von Descartes
nicht jeder so. Aber eine neue Idee hat die Welt des Geistes betreten. Es gab
nun eine alternative Denkweise, die nicht mehr wegzudenken war.
Auf diesem Fundament wurde weiter aufgebaut.
Kant dachte elf Jahre in seiner Stube nach und stellte dann
mit Erscheinen seiner "Kritik der reinen Vernunft" die gesamte
Philosophie auf den Kopf, was als kartesianische Wende bezeichnet wird.
Mit "Kritik" ist hier "Abhandlung"
gemeint.
Kants Denken wurde auch mit kritischer Kritik begegnet, aber
dazu kommen wir erst später.
Kant rückte das
Subjekt, welches Descartes zuvor von Gott autonom machte, ins Zentrum der Welt,
während zuvor die Welt im Zentrum stand.
Das heisst, vor Kant wurde die Welt als objektive Wahrheit
begriffen, die der Mensch erkennend verstehen kann. Kant entwickelte aber die
Idee, dass das Subjekt alle Erkenntnisse selbst generiert. Die Naturgesetze
etwa schwirren nicht irgendwo da draußen herum und exisieren unabdingbar,
sondern sie werden im menschlichen Bewusstsein generiert.
Das heisst auch: Gibt es keinen Naturgesetze schaffenden
Menschen, gibt es keine Naturgesetze. Darum richtet sich die Natur nach dem
Menschen und nicht umgekehrt.
"Bisher nahm man
an, alle Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten;
aber die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis
richten."
Gott wird von Kant vollends in die Glaubens-Schublade
gewiesen. Kant killte alle Versuche, Gott rational zu beweisen (und damit auch
zu widerlegen), indem er alle wichtigen Gottesbeweise kaputtdachte- Vernunft
for the win, die sogenannten Beweise waren völlig nichtig, wenn man nur
ordentlich über sie nachdachte.
Das machte Kant aber nicht etwa, weil er etwas gegen Gott
hatte. Nein, Kant war ein Freund Gottes und tatsächlich ziemlich gläubig. Aber
eben auch nicht mehr als gläubig. Kant bewies, dass Gott rational nicht zu
beweisen ist und damit reine Glaubenssache.
Gott wird eine unerhebliche Privatsache.
Die Religion ließ sich von Kants Denkweise beeinflussen ,
indem sie die Bedeutung der Aussage, dass Gott den Menschen nach seinem
Ebenbild schuf, umdeutete. Ebenbild war von nun an nicht mehr in dem wörtlichen
Sinn zu verstehen, dass Gott wie ein Mensch aussieht, also das Väterchen mit
weißem Bart in der Wolke ist, sondern im Übertragenen Sinn, dass dem Menschen
dieselbe Vernunft innewohnt und er nur in diesem Sinne ein Ebenbild Gottes sei.
Der Dreh- und Angelpunkt in Kants Denken ist die Vernunft.
Jeder Mensch ist mit potentiell mit derselben Vernunft ausgestattet. Nur
entfaltet sich diese universelle Vernunft nicht universell.
Die Logik ist ein Trainingsprogramm der Vernunft.
Wer ordentlich mit formalen Aussagen umgehen kann, lernt,
sich seiner Vernunft zu bedienen.
Also übt man erst, mit Axiomen, Prämissen etc. auf rein
formaler Ebene zu hantieren. Und dann kann man diese Art des Denkens auf die
Welt übertragen.
Wer nicht logisch denken kann, kann nicht vernünftig
handeln.
Kant kombinierte die Denkweisen des Rationalismus, nach dem
bestimmte Kategorien des Erkennens a priori (vor der Erfahrung) vorgegeben sind
und den Empirismus, nach dem sich die Wirklichkeit allein durch äußeres
Einwirken, durch Erfahrung, im Menschen generiert. Das ist eine recht allgemein
Aussage. Wer will, kann sich zur Vertiefung nach Belieben in Kants Texte
eingraben um herauszufinden, was damit gemeint ist. Aber es geht mir hier nicht
um die Herleitung, sondern nur um die Auswirkungen des Resultats seines
Denkens. Um den Überblick zu wahren, muss man eine relative Flughöhe über den
Gedankenkonstruktionen wahren. Ansonsten landen wir in einem Gedankenschloss
und verlieren uns in seinen Komplexen und verlieren die Ausgangsfrage am
Horizont, welche ja "Was ist der Poststrukturalismus?" ist.
Kant stellt also den Universalitätsanspruch, dass allen
Menschen dieselbe Vernunft zugebilligt wird.
Die Vollendung dieser Emanzipation wurde erreicht, als ein
Schwarzer die höchste Machtposition bekleidete.
Das klingt ja alles wunderbar. Aber ist es wirklich so
kritiklos super beschaffen um die Vernunft?
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