(Brain-Level: Diffuses, salbungsvolles Gelabere)
Sprache, Denken, Lesen, Bücher
Wie schon einmal gesagt, wir denken in unserer Sprache. Oder in Sprachen, die wir über die Muttersprache hinaus lernen. Was wir nicht sagen können, können wir nicht denken. Fühlen ja, ausdrücken nein. Was wir nicht in Worte formulieren können, können wir anderen nicht verständlich machen. Und wir können es uns selbst nicht verständlich machen.
Bücher sind wichtig!
Besonders die Bücher, die man nicht ohne weiteres versteht. Da gibt es Sachtexte, wissenschaftliche Bücher und so weiter- aber für das Grundlegendste sind vielleicht diese Bücher am wichtigsten, die Geschichten erzählen.
Ich behaupte, dass ich, ohne als Spezialist in einem Bereich unterwegs zu sein, ohne akademische Vorbildung, als Mensch von einem Roman grundlegend mehr lernen kann als von einem wissenschaftlichen Fachbuch oder einem philosophischen Grundwerk.
Ich glaube, die "Buddenbrooks" gelesen zu haben, kann einen größeren Eindrück hinterlassen als sich durch Kants "Kritiken" zu kämpfen.
Weil der Roman eine Geschichte erzählt, oder die Botschaften des Autors in Geschichten verpackt, und so zugänglicher macht. Texte, die reine Botschaft sind, vollkommen schnörkellos, sind natürlich auch wichtig. Aber man wird die Kritiken nicht einfach so lesen können- da braucht man Sekundärliteratur, man braucht Leute, mit denen man über die Texte redet und so weiter.
Mit einem Roman ist es leichter, obwohl es da auch Unterschiede zwischen schwereren und leichteren Werken gibt. Ein Zugang ist immer leichter, wenn man in irgendeiner Form etwas von sich selbst in den Romanfiguren sehen kann.
Thomas Manns "Zauberberg" etwa mag ich so gerne, weil ich das Gefühl der Weltflucht, die das ganze Buch durchzieht, kenne. Es ist verlockend, sich von dem ganzen Trubel des Alltags zurückzuziehen und sich auf einem hochgelegenen Kurort auf unbestimmte Zeit hin zu erholen, wegzufliehen.
Herman Hesses "Steppenwolf" habe ich zu der richtigen Zeit gelesen, es machte mir bewusster, wie viele unterschiedliche Gesichter ich habe. Und so weiter.
Es gibt zugänglichere Werke. Dann gibt Romane, die sich nicht ohne weiteres erschließen. Schafft man es, eine Barriere zu überwinden, die zwischen einem selbst und dem Werk steht, zu überwinden, hat man sich selbst ein bisschen weiterentwickelt.
Es kann passieren, dass man liest, und nicht versteht. Da habe ich hundert, zweihundert Seiten oder mehr gelesen und nichts bleibt hängen. Nichts ist leicht. Es gibt die zugänglichen Geschichten, die mich ohne Mühe bei der Hand nehmen und mir zeigen: Schau, das ist ein Teil der Welt, und das ist ein Teil der Leute um dich herum, und ein Teil von dir selbst.
Die weniger zugänglichen Geschichten, um die man kämpfen muss, deren Zugang man sich erarbeiten muss, haben auch ihre Wichtigkeit. Warum verstehe ich einen bestimmten Roman nicht? Woran liegt es, dass ich den Zugang nicht finde? Eigentlich nur daran, dass ich nicht die Verbindung sehe. Aber es gibt immer eine Verbindung.
Sobald ich für mich verstehe, warum eine Geschichte interessant ist, kann ich Aufmerksamkeit entwickeln. Dann macht es Klick, eine Barriere wird überwunden, und neue Charaktere halten Einzug in den Geist. Figuren, die stellvertretend für Lebenswege, für mögliches gelebtes Leben stehen.
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